Sollte es nach Neuwahlen erneut zu einer Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD kommen, ist nicht auszuschließen, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) weiterhin von der SPD geführt wird. Möglicherweise bleibt dann auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Amt. In diesem Fall könnte auch die umstrittene Apothekenreform aus Lauterbachs Feder wieder auf die politische Agenda rücken – und diesmal dürfte die FDP weniger Möglichkeiten haben, sie zu blockieren. Wie beurteilt Lauterbachs Parteikollege aus Niedersachsen die Situation der Apotheken?
„Es gibt nicht das eine Thema, dem man sich isoliert widmen kann, beziehungsweise auf den sich politischer Handlungsbedarf beschränkt“, erklärt der niedersächsische Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi auf Anfrage. Vielmehr seien alle drei zentralen Eckpfeiler der Gesundheitsversorgung – stationäre und ambulante Versorgung plus Apothekenwesen – reformbedürftig.
„Aktuell sind die Kliniken stark im Fokus“, so Philippi. Doch das sage nichts über die Bedeutung von Apotheken und niedergelassenen Ärzten aus, die ebenfalls dringend gestärkt werden müssten.
Die Lage der Apotheken sei in den letzten Jahren objektiv schwieriger geworden. Als Problem identifiziert Philippi unter anderem die fehlende Dynamik in der Vergütung. „Das macht die Aufrechterhaltung bestehender inhabergeführter Apotheken schwieriger und natürlich auch die Frage der Nachfolgerschaft.“
Darüber hinaus habe sich das Anforderungsprofil für Apotheken verändert, insbesondere für Betriebe in ländlichen Regionen. Zusätzlich müssten Apotheken die immer älter werdende und weniger mobile Bevölkerung auch zu Hause über Lieferservices versorgen. Eine entsprechende Kompensation dafür gebe es jedoch nicht.
„Alles in allem führt das zu einem Rückgang der Apotheken – in den Städten ist das noch kein spürbares Problem, aber in der Fläche wird es schon jetzt regional und lokal ganz schön eng. Da sehe ich dringenden Änderungsbedarf“, betont Philippi.
„Erstmal ist es gut, dass nach vielen Jahren der Untätigkeit das Thema endlich bearbeitet wird“, lobt der niedersächsische Gesundheitsminister seinen Parteikollegen. Die vorgeschlagenen Erleichterungen für ausländische Fachkräfte, die Erweiterung der Impf- und Testangebote in Apotheken, die Lockerungen bei der Lagerung von Betäubungsmitteln sowie die Anhebung der Notdienstpauschale seien richtige Schritte.
Gegen die Telepharmazie habe Philippi im Grunde ebenfalls keine Einwände – allerdings nur, solange deren Einsatz nicht, wie von Lauterbach vorgeschlagen, als Ersatz für die Präsenz einer Apothekerin oder eines Apothekers genutzt werde. Die Anhebung des Fixums bewerte er zwar positiv, doch das Ausmaß sei zu knapp bemessen.
„Die bisher vorgeschlagenen Maßnahmen im Apothekenreformgesetz sind auch nicht falsch, aber eindeutig unzureichend“, erklärt er. „Es fehlt ein echter Gamechanger. Eine Maßnahme, die strukturell verbessert. Und die Apotheke light geht gar nicht! Ich hoffe, eine neue Bundesregierung nimmt die guten Ansätze auf und streicht die schlechten.“
Unbedingt müsse das Honorar erhöht werden. „Hier ist in den letzten 20 Jahren nur minimal angepasst worden. Wir brauchen die Apotheken, daher muss das sein. Vor allem auch beim Thema Prävention. Da sehe ich die Apotheken in der Zukunft noch viel stärker involviert“, erklärt Philippi. Präventionsarbeit könne auch für Apotheken ein wichtigerer Geschäftszweig werden, glaubt er. Allerdings sei auch klar, dass das Gesundheitswesen kurzfristig insgesamt nicht mehr finanzielle Mittel erhalten werde. „Die öffentlichen Haushalte fahren auf der Felge, die Versichertenbeiträge sind am Limit, wirtschaftliche Erholung kurzfristig ist nicht in Sicht.“ Daher werde man im Gesundheitswesen klare Schwerpunkte setzen müssen.
Selbst im BMG einziehen möchte Philippi nicht: „Ich bin sehr glücklich in Niedersachsen. Hier ist mein Platz. Wir haben vieles auf den Weg gebracht, das ich auch weiterbearbeiten möchte und weiterbearbeiten werde.“