Koalitionsverhandlungen

Notfallreform: Lauterbachs Erbe

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Berlin -

Union und SPD wollen eine „gute, bedarfsgerechte und bezahlbare medizinische und pflegerische Versorgung für die Menschen im ganzen Land“ sichern. „Dafür wagen wir tiefgreifende strukturelle Reformen, stabilisieren die Beiträge, sorgen für einen schnelleren Zugang zu Terminen und verbessern die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten im Gesundheitswesen“, heißt es im Papier der AG Gesundheit. Zunächst sollen aber Reformprojekte von Karl Lauterbach (SPD) zum Abschluss gebracht werden.

Bereits in den ersten 100 Tagen soll eine gesetzliche Regelung geschaffen werden, mit der die Sozialversicherungsfreiheit von Ärzten im Bereitschaftsdienst der KV ermöglicht wird. Auch Gesetze zur Notfall- und Rettungsdienstreform auf Grundlage der bisherigen Entwürfe sollen auf den Weg gebracht werden. Zur Erinnerung: Lauterbach hatte in seinem Entwurf als Alternative zur Belieferung der Notfallpraxen durch vertraglich gebundene Apotheken die Gründung von abgespeckten Notfallapotheken vorgesehen.

„Bei medizinischen Behandlungen stärken wir Patientinnen und Patienten gegenüber den Behandelnden“, heißt es weiter. Das Hospiz- und Palliativgesetz sollen „im Sinne der sorgenden Gemeinschaften“ weiterentwickelt werden und den besonderen Bedürfnissen von Eltern von Sternenkindern Rechnung tragen.

Jahrespauschale und Termingarantie

Im ambulanten Bereich sei es das Ziel, die Versorgung gezielt zu verbessern und die Wartezeiten zu verringern. Daher soll das Honorar der Ärzte auf Jahrespauschalen umgestellt werden, um so „die Anzahl nicht bedarfsgerechter Arztkontakte zu reduzieren“. Heißt auch: „Durch die Flexibilisierung des Quartalsbezugs ermöglichen wir neuen Patientinnen und Patienten einen besseren Zugang und die Vergütung von Praxis-Patienten-Kontakten.“

Im Sinne einer besseren Steuerung und schnelleren Terminvergabe soll ein verbindliches Primärarztsystem eingeführt werden; dies soll das Personal in den Praxen entlasten und den Zugang zu Fachärzten „bedarfsgerecht gestalten“. Im Rahmen der Hausarztzentrierten Versorgung, aber auch im Kollektivvertrag gilt die „freie Arztwahl durch Haus- und Kinderärzte“. Ausnahmen soll es für Augenheilkunde und die Gynäkologie sowie für Patientinnen und Patienten mit einer spezifischen schweren chronischen Erkrankung geben.

Öffnung der Kliniken

Die Termingarantie soll dann wie folgt funktionieren: Die Primärärzte oder die von den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) betriebene Hotline 116 117 stellen den medizinisch notwendigen Bedarf für einen Facharzttermin fest und legen den dafür notwendigen Zeitkorridor fest. „Wir verpflichten die KV, diese Termine zu vermitteln. Gelingt dies nicht, wird der Facharztzugang im Krankenhaus ambulant für diese Patientinnen und Patienten ermöglicht.“

Ersteinschätzung per Videosprechstunde

Eine strukturierte Ersteinschätzung soll auch über digitale Wege in Verbindung mit Telemedizin ermöglicht werden. „Wir stärken die sektorenübergreifende Versorgung. Im Zuge dessen entwickeln wir die Hybrid-DRGs weiter und ermöglichen sie umfassend. Damit verschränken wir Angebote im ambulanten und stationären Bereich.“ Andererseits soll endlich die schon lange angekündigte Regulierung von Investoren-MVZ (iMVZ) kommen.

Was die Niederlassung angeht, sollen die Länder in den Zulassungsausschüssen eine „ausschlaggebende Stimme“ erhalten; die Bedarfsplanung soll kleinteiliger werden. „Wir schaffen einen Fairnessausgleich zwischen über- und unterversorgten Gebieten: Wir entbudgetieren die Fachärzte in unterversorgten Gebieten.“ Dort sollen auch universitäre Lehrpraxen vereinfacht ausgebracht werden.

Honorar wird umverteilt

In absehbar oder tatsächlich unterversorgten Gebieten soll es Zuschläge geben, in überversorgten Gebieten entsprechende Abschläge. Von mehr als 120 Prozent ist die Rede. „Dabei definieren wir auch den Versorgungsauftrag und ermöglichen den Ländern, die Bedarfsplanung für Zahnärzte selbst vorzunehmen.“

„Wir stärken die Kompetenzen der Gesundheitsberufe in der Praxis“, heißt es weiter. Zudem sollen mehr Ärztinnen und Ärzte ihre Weiterbildung in der Allgemeinmedizin in einer Arztpraxis absolvieren können, nämlich zwei pro Weiterbilder. Die Kapazitäten der Weiterbildungsstellen für Kinderärzt:innen sollen ebenfalls ausgebaut werden.

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