Die Arbeitsgemeinschaft Parenterale Zubereitungen (Arge PareZu) fordert ein Verbot überregionaler MVZ-Strukturen und ein Bekenntnis der Politik zu regionalen Versorgungsstrukturen. Das sei die Konsequenz um den Zytoservice-Skandal vom Dezember. Auch die Beteiligung von Finanzinvestoren an versorgungsrelevanten Strukturen soll demnach unterbunden werden. Durch diese Beteiligungen würden Teile des Gesundheitssystems „als Spekulationsobjekt missbraucht“, so der Verband am Dienstag.
Ob die mutmaßlich unzulässigen Abrechnungen durch Zytoservice wirklich einen finanziellen Schaden für die Krankenkassen darstellen, daran kann man laut Arge PareZu zumindest zweifeln. Gleiches gelte für die Aussagen der Staatsanwaltschaft, wonach es bisher keine Anzeichen für eine Patientengefährdung gebe. Sicher scheine hingegen, „dass durch MVZ-Konstrukte, deren Legalität zu hinterfragen ist, onkologische Praxen beziehungsweise deren KV-Sitze mit dem Ziel gekauft wurden, deren Versorgungsverhalten zu steuern“. Dabei sollten demnach möglichst große Marktanteile kontrolliert und die eigenen Gewinne aus dem Einkauf der Ausgangsprodukte und aus der Versorgung der Praxen gesteigert werden.
Das geschehe „mit kräftiger finanzieller Unterstützung meist ausländischer Finanzinvestoren“, die dabei eine klare mittelfristige Gewinnerzielungsabsicht verfolgen – und zwar meist mit der Intention, ihr Investment nach einigen Jahren mit Gewinn weiterzuverkaufen. „Dazu wird hart an der Grenze des § 299a Strafgesetzbuch (Bestechlichkeit im Gesundheitswesen) gearbeitet“, so die Arge PareZu. Damit Onkologen ihre Selbstständigkeit freiwillig aufgeben, würden erhebliche Summen für Zulassungssitze und entsprechend attraktive Beschäftigungsmodelle geboten.
Der Verband stellt dazu offen die Frage, ob eine derartige Konstellation Einfluss auf das Verordnungsverhalten nimmt. „Bekommt der zu behandelnde Patient, was er braucht oder eher das, was dem gesamten, rein finanziell motivierten Konstrukt dient?“ Dass er darauf vielleicht niemals eine rechtlich sanktionierte Antwort erhalten wird, antizipiert er ebenfalls: Behandlungsfehler würden wohl kaum nachweisbar sein. „Aber der Verdacht unnötiger Mehrbehandlungen oder gewinnorientierter Arzneimittelauswahl liegt nahe. Ist das keine Gefährdung der Patientengesundheit?“
Fragt der Verband beim Thema Investoren noch rhetorisch, gibt er beim Thema Versorgungsstrukturen die Antwort gleich selbst: „Sehr sicher eine Gefährdung der Patientengesundheit ist aber die mit diesen Machenschaften einhergehende Zentralisierung der Versorgung.“ Die sorge dafür, dass immer mehr kleine herstellende Apotheken aus dem Markt gedrängt werden, „weil sie nicht über den gleichen finanziellen Background verfügen und weil sie sich an die sinnvolle und klare Trennung ärztlicher und pharmazeutischer Aufgaben halten“. Als Folge würden wohnortnahe Reinraumlabore geschlossen, was wiederum zu längeren Transportwegen bei der Versorgung führe, „die es in entsprechenden Fällen praktisch unmöglich machen, die Haltbarkeitsangaben der Fachinformationen einzuhalten“.
Demgegenüber stünden die Vorteile einer zeitlich und räumlich nahen Herstellung wie die Vermeidung von Fehlproduktionen oder direkte, persönliche Verantwortlichkeiten. Die würden durch diese Zentralisierung allesamt aufgegeben. Dabei werde zu allem Überfluss billigend in Kauf genommen, dass bei empfindlichen Wirkstoffen Teile der Wirkung durch mechanischen Stress oder Temperaturschwankungen während des Transportes verloren gehen können. „Das kann nicht im Interesse der Patienten liegen!“
Deshalb solle man die vorliegenden Vorwürfe nicht als Kavaliersdelikt oder Einzelfall behandeln. Es gehe dabei um nicht weniger als die grundsätzliche Orientierung unseres Gesundheitssystems: „Nicht Geld, nicht der reine Kommerz, sondern die Arzneimittelsicherheit und damit die Patienten sollten im Mittelpunkt stehen. Der Gesetzgeber muss handeln!“, so Arge PareZu.
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