Normalerweise kennen die Festbetragsrunden der Krankenkassen nur eine Richtung: Die Preise gehen nach unten. Doch jetzt will der GKV-Spitzenverband erstmals die Erstattungsgrenzen für mehrere Wirkstoffe in größerem Umfang anheben. Allerdings sind überwiegend nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel betroffen, die seltener zu Lasten der Kassen verordnet werden.
Geplant ist eine ganze Reihe von Änderungen bei den Festbeträgen, insgesamt sind 45 Gruppen von Anpassungen betroffen. Erstmals sollen aber nicht nur die Preise, die die Kassen maximal für ein bestimmtes Arzneimittel zahlen, abgesenkt werden. „In 15 Gruppen sollen die Festbeträge zum Zweck der gesicherten Versorgung angehoben werden“, heißt es in der Erläuterung zum Stellungnahmeverfahren, das der GKV-Spitzenverband eingeleitet hat.
Konkret sollen die Grenzen bei folgenden Wirkstoffen/Gruppen angehoben werden:
Hintergrund ist die Vorgabe im Sozialgesetzbuch (SGB V), nach der die Festbeträge so festzusetzen sind, dass sie „Wirtschaftlichkeitsreserven ausschöpfen“ und „wirksamen Preiswettbewerb auslösen“, aber auch „eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten“. Daher müssen sie mindestens einmal im Jahr überprüft und in geeigneten Zeitabständen an eine veränderte Marktlage angepasst werden.
Dabei gilt, dass der Festbetrag den höchsten Abgabepreis des unteren Preisdrittels bezogen auf die Standardpackung nicht übersteigen soll. Mindestens ein Fünftel aller Verordnungen und mindestens ein Fünftel aller Packungen müssen aber zum Festbetrag verfügbar sein. Zugleich darf die Summe der jeweiligen Prozentsätze der Verordnungen und Packungen, die nicht zum Festbetrag erhältlich sind, den Wert von 160 nicht überschreiten. Hochpreiser mit einem Anteil von weniger als 1 Prozent an den verordneten Packungen sind dabei nicht zu berücksichtigen.
Auf der anderen Seite sollen in 30 Gruppen die Festbeträge „auf Grund von Marktdynamik“ gesenkt werden:
Am stärksten betroffen sind Zoledronsäure (auch mit nicht als Wirkstoff ausgewiesenen Additiva) und Naloxon/Oxycodon mit einem Preisrutsch um die Hälfte. Um circa ein Drittel nach unten geht es für Levetiracetam, Ezetimib, Voriconazol, Venlafaxin und Linezolid. Immerhin rund ein Viertel soll gespart werden bei Mebeverin, Ibandronsäure (auch mit nicht als Wirkstoff ausgewiesenen Additiva) und Levetiracetam.
Zischen 20 und 10 Prozent liegen die Kürzungen bei Olanzapin, Mesalazin, Rivastigmin, Pregabalin, Sertralin, Buprenorphin, Mycophenolsäure, Pramipexol, Mesalazin, Aripiprazol, Eplerenon, Amoxicillin/Clavulansäure und Quetiapin. Einstellige Anpassungen gibt es bei Filgrastim, Clopidogrel, Temozolomid, Oxycodon, Leflunomid, Hydromorphon und Methylphenidat.
Außerdem hat der GKV-Spitzenverband für fünf Gruppen neue Festbeträge festgelegt, die der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Laufe des Jahres gebildet hatte:
Die Festbetragsvorschläge ergeben sich unter Berücksichtigung der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) durch Addition des Großhandelszuschlags in Höhe von 3,15 Prozent (höchstens jedoch 37,80 Euro) zuzüglich 0,70 Euro, des Apothekenzuschlages in Höhe von 3 Prozent zuzüglich 8,35 Euro, 0,21 Euro und 0,20 Euro sowie der Mehrwertsteuer in Höhe von 19 Prozent. Die Hersteller können noch bis 4. Januar zu den geplanten Festbeträgen Stellung nehmen.
Wegen mangelnder Besetzungszahlen will der GKV-Spitzenverband schließlich auch 15 Gruppen streichen:
Der G-BA legt fest, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge eingeführt werden. Der Festbetrag wird dann vom GKV-Spitzenverband festgelegt und ist der Betrag, den die Kassen maximal für das Arzneimittel bezahlen. Übersteigen die Kosten für das Präparat diese Erstattungsgrenze, zahlt der Patient entweder die anfallenden Mehrkosten oder erhält ein gleichwertiges Arzneimittel ohne Zuzahlung. Vor diesem Hintergrund gleichen die Hersteller die Preise ihrer Arzneimittel meist dem Festbetrag an. Den Apotheken drohen dann Lagerwertverluste.
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