„Irgendwann bricht es zusammen“

Notdienst: Inhaber warnt vor Versorgungsnotstand

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Berlin -

Die sinkenden Apothekenzahlen haben mehrere Auswirkungen auf den Notdienst. Zum einen wird die Frequenz dadurch während der Bereitschaftsdienste höher. Zum anderen werden auch die Wege für die Kundschaft länger – gerade wenn in der nächsten Notdienst-Apotheke das erforderliche Präparat nicht vorhanden ist. Dies komme häufig vor, sagt Dr. Thomas Wellenhofer aus Freilassing. Der Inhaber der Bahnhof-Apotheke machte sich gemeinsam mit einer Kollegin bei zwei bayerischen Ministerinnen für die Vor-Ort-Apotheke stark.

Initiiert wurde das Treffen von Apothekerin Sabine Wölfer aus Bad Reichenhall.Foto: Salinen-Apotheke

Wellenhofer führt seine Apotheke seit 28 Jahren. Doch gerade im vergangenen Jahrzehnt sei der Rückgang der Betriebszahlen immens und habe deutliche Auswirkungen auf die Versorgung. Die Hälfte der Betriebe im Landkreis Berchtesgadener Land sei verschwunden – und aktuell noch 19 Apotheken übrig. „Es hat einen Grund, wenn so viele Apotheken wegfallen.“ Das Verhältnis zwischen Risiko und Ertrag sei nicht mehr ausgeglichen.

In einem Gespräch mit der bayerischen Gesundheitsminister Judith Gerlach, der Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (beide CSU) und dem Landrat Bernhard Kern nebst Inhaberin Sabine Wölfer diskutierte er die aktuelle Situation der Apotheken.

Bei dem Treffen ging es unter anderem darum, auf die Folgen des Apothekenrückgangs aufmerksam zu machen. Die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sei gefährdet, auch während der Notdienst-Zeiten, an den Sonn- und Feiertagen und in der Nacht. „Es kommt bei jeden Notdienst vor, dass deswegen Leute aus dem Nachbarlandkreis kommen“, sagt Wellenhofer.

Vor allem an Feiertagen wie an Neujahr und am Dreikönigstag zeige sich die Realität deutlich: Landkreisweit habe eine einzige Apotheke die gesamte Notfallversorgung abdecken müssen. Diese personell wie organisatorisch extrem schwer zu meisternde Situation hatte die heimischen Apotheker veranlasst, sich an die Politik zu wenden.

Die Inhaberin und der Inhaber wehrten sich gegen den Eindruck, eine Apotheke sei eine Gelddruckmaschine: „Natürlich kostet gute Leistung. Aber die zweite Seite der Medaille ist, dass wir immense Ausgaben haben, um gutes pharmazeutisches Personal und eine hochqualitative und sichere Versorgung zu gewährleisten. Allein die Errichtung und Entwicklung unserer onkologischen Labors summierte sich über die Jahre auf eine Investitionssumme von rund 2,5 Millionen Euro. Dass immer mehr Apotheken schließen und gleichzeitig immer weniger das Risiko einer Übernahme oder Eröffnung auf sich nehmen, ist ein mehr als deutlicher Beweis für die Dramatik der Situation.“

CSU-Ministerinnen wollen Apotheken unterstützen

Gerlach betonte bei dem Treffen: „Wir brauchen in Deutschland auch weiterhin eine flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln – auch nachts und in Notfällen. Und wir brauchen auch künftig eine hochqualitative persönliche Beratung durch die Apothekerinnen und Apotheker. Bayern wird sich deshalb auch nach der Bundestagswahl weiter bei der neuen Bundesregierung dafür einsetzen, dass die Vor-Ort-Apotheken in ihren Strukturen gestärkt und wirtschaftlich stabilisiert werden. Um das Apothekensterben zu beenden, müssen die Leistungen der öffentlichen Apotheken endlich wieder angemessen vergütet werden. Nur so können die durch Energiekrise, Lohnsteigerungen und Inflation gestiegenen Betriebskosten kompensiert werden.“

Kaniber will dies unterstützen: „Bei medizinischer Versorgung und der Versorgung mit Arzneimitteln hört der Spaß auf.“ Auch bei den gesetzgeberisch begrenzten Möglichkeiten des Freistaates werde jede Form der Sensibilisierung der Bundesregierung für die Apothekenanliegen unterstützt.

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