Apotheker sollen verpflichtet werden, Verdachtsfälle von Arzneimittelfälschungen an die Behörden zu melden. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem Vorgaben der EU-Fälschungsrichtlinie umgesetzt werden sollen. Die ABDA plädiert in ihrer Stellungnahme dafür, dass Apotheken das betroffene Produkt erst einmal in Quarantäne nehmen und sich einen Überblick über die Lage verschaffen. Ansonsten drohten Melde-Exzesse.
Im Grundsatz hält die ABDA die Regelung für sinnvoll, gerade wenn Anzeichen wie beschädigte Packungssiegel, optische Besonderheiten oder sonstige Erkenntnisse aus den stichprobenartigen Fertigarzneimittelprüfungen in Apotheken auf eine Fälschung hindeuten.
Erfahrungsgemäß sei es nämlich oft nicht möglich, einen Verdacht mit den in einer Apotheke vorhandenen Mitteln definitiv zu bestätigen. Insofern leisteten Apotheken bereits heute einen wichtigen Beitrag zum Patientenschutz, indem sie entsprechende Verdachtsfälle meldeten.
Problematischer ist die Vorgabe laut ABDA im Zusammenhang mit der Einführung von Securpharm. Gerade in der Anfangsphase des Authentifizierungssystems könne ein unnötig hoher Umsetzungsaufwand entstehen, der sowohl für die Apotheken als auch für die Behörden eine übermäßige Arbeits- und Kostenbelastung bedeute.
Die Erfahrungen aus dem Pilotbetrieb zeigten, dass die große Mehrzahl der bislang aufgetretenen Fehlermeldungen auf Diskrepanzen zwischen den codierten Packungen und den vom Hersteller nicht oder falsch hochgeladenen Daten zurückzuführen war. „Auch wenn die pharmazeutischen Unternehmer nach Artikel 14 der delegierten Verordnung dazu verpflichtet sind, die Korrektheit der individuellen Erkennungsmerkmale zu prüfen, und diese Pflicht sicherlich verantwortungsvoll erfüllen werden, ist gleichwohl nach allgemeiner Lebenserfahrung zu erwarten, dass sich die beschriebene Tendenz zumindest in der Anfangsphase fortsetzen wird.“
Wenn also Apotheker verpflichtet würden, bei jeder „roten Ampel“ bei der Überprüfung einer Packung umgehend eine Verdachtsmeldung an die zuständige Behörde auszulösen, würde dies laut ABDA einen unnötigen Aufwand auf beiden Seiten erzeugen. Zu diesem Zeitpunkt stehe nämlich überhaupt noch nicht fest, ob außer der ersten Fehlermeldung des Systems tatsächlich hinreichende Anhaltspunkte für einen „echten“ Fälschungsverdacht vorlägen.
„Darüber hinaus würde durch eine Vielzahl potentieller ‚Fehlermeldungen‘ die Chance für eine zeitnahe Wahrnehmung und intensive Bearbeitung ‚echter‘ schwerwiegender Meldungen verringert“, schreibt die ABDA in ihrer Stellungnahme.
Eine sachgerechte Lösung sei durch die delegierte Verordnung selbst vorgezeichnet. Denn sie verpflichte Apotheker nicht zur „sofortigen“, sondern zur „unverzüglichen“ Information der zuständigen Behörden. „Unverzüglich“ werde üblicherweise im Sinne von „ohne schuldhaftes Zögern“ verstanden und schließe nicht aus, dass vor einer Meldung zunächst Maßnahmen zur näheren Aufklärung des Sachverhalts ergriffen würden, so die ABDA.
Zum anderen werde auch der Systembetreiber dazu verpflichtet, für die sofortige Untersuchung von Alarmmeldungen im System zu sorgen. „Dieses interne Prüfverfahren von Securpharm sollte unseres Erachtens dafür genutzt werden, vor dem Auslösen einer Verdachtsmeldung an die Behörden mögliche alternative Ursachen für die Fehlermeldung auszuschließen.“
Da die betroffenen Packungen nicht abgegeben werden dürften, sondern gesondert aufzubewahren seien, und das interne Prüfverfahren innerhalb bestimmter Fristen durchgeführt werden müsse, sind laut ABDA „keine zusätzlichen Gesundheitsrisiken von Patienten aufgrund zu später Meldungen zu befürchten.
Bei unverändertem Wortlaut drohe ein erheblicher Erfüllungsaufwand durch die neuen Meldepflichten, und zwar sowohl für Apotheken, den Großhandel und die Behörden. „Falls nennenswerter Erfüllungsaufwand entstehen würde, wären auch entsprechende Folgen für das Preisniveau zu erwarten.“
Dass die gesetzlich vorgeschriebenen Unterlagen vom Großhandel nicht mehr in Papierform vorliegen müssen, begrüßt die ABDA. Allerdings wird für die Übermittlung ein „standardisiertes und weit verbreitetes Dateiformat“ gefordert, etwa MSV3 oder PDF. „Dass laut Verordnungstext das Dokument an sich leicht zugänglich sein muss, stellt dies unseres Erachtens für dessen Inhalt nicht unbedingt sicher“, schreibt die ABDA und regt daher die Vorgabe „in einem marktüblichen Dateiformat“ an.
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