Und es ist doch drin: Das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) hat in den zurückgerufenen Valsartan-haltigen Arzneimitteln die als potenziell krebserregend eingestufte Verunreinigung N-Nitrosodimethylamin (NDMA) nachgewiesen. Somit ist nicht nur der Wirkstoff vom chinesischen Unternehmen Zheijang Huahai Pharmaceutical, sondern auch das Fertigarzneimittel verunreinigt.
Zum Zeitpunkt des Rückrufes vor etwa drei Wochen war nicht klar, ob und wie viel NDMA im Endprodukt enthalten ist. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) riet Patienten die Arzneimittel weiter einzunehmen, denn es „besteht bei dieser Verunreinigung kein unmittelbares Risiko“. Das ZL hat stichprobenartig die zurückgerufenen Ware verschiedener Hersteller auf NDMA untersucht und wurde fündig.
Die verschiedenen Präparate enthalten zwischen 3,7 und 22 µg NDMA pro Tablette. Die Untersuchung des ZL bestätigt, dass die Arzneimittel von TAD, Mylan dura, Aurobindo und Novartis nicht von der Verunreinigung betroffen sind. Hingegen konnte in den Arzneimitteln von Heumann, CT, 1A Pharma/Hexal, Stada und Zentiva NDMA nachgewiesen werden.
Das ZL habe aus eigener Initiative mit der stichprobenartigen Untersuchung begonnen, berichtet Professorin Mona Abdel-Tawab. „Es war im Interesse des ZL, Klarheit zu schaffen, wie viel NDMA im Fertigarzneimittel enthalten ist. Vor etwa drei Wochen haben wir das GCMS-Nachweisverfahren implementiert und validiert.“ Dennoch ist das Ergebnis laut Tawab nicht repräsentativ, denn es handele sich lediglich um Stichproben und es lasse sich nicht automatisch auf alle Arzneimittel übertragen. Man müsse berücksichtigen, dass auch der Wirkstoff selbst in den einzelnen Chargen einen unterschiedlichen Gehalt an NDMA vorweisen kann.
NDMA zählt zu den Nitrosaminen und kann möglicherweise Krebs erzeugen. Im Tierversuch an Nagetieren wurde eine kanzerogene Wirkung auf Leber, Niere, Lunge und Blutgefäße bereits bei einer Gesamtdosis von 1 mg/kg Körpergewicht festgestellt. Bei oraler Gabe entwickelten sich vorwiegend Lebertumore. Zwar gibt es keine Daten zur Wirkung am Menschen, jedoch könne aufgrund der Gewebeähnlichkeit auf eine kanzerogene Wirkung geschlossen werden. Die Substanz methyliert die DNA-Basen Guanin und Adenin und kann auch in gepökeltem Fleisch sowie in alkoholischen Getränken vorkommen. Einen Grenzwert für die Verunreinigung gibt es nicht.
ABDA-Präsident Friedemann Schmidt äußerte sich gestern erstmals zum Rückruf. Man könne nicht sagen, was passiere, wenn Patienten diese Dosierungen über eine lange Zeit hinweg einnähmen. Schmidt: „Das wird jetzt geprüft. Erst, wenn das geklärt ist, fällt auch die Entscheidung, wie es mit der Valsartan-Produktion weitergeht. Das ist nicht alles ganz harmlos, sondern eine schwerwiegende Geschichte.“
Die wiederholte Aufnahme könne dazu führen, dass immer mehr Genschäden entstünden, die schließlich eine Funktionsstörung auslösen, was wiederum zu Krebs führen könne: „Es ist dieselbe Stoffklasse, die auch in verschiedenen tierischen Lebensmitteln zu finden ist. Das beste Beispiel ist die klassische Bratwurst. Auf dem Grill entstehen jede Menge Nitrosamine.“ Die Frage sei, welches Risiko höher sei: Die Medikamente einige Tage weiter zu nehmen oder zu riskieren, dass sich der Gesundheitszustand durch ein Absetzen rapide verschlechtere.
Die Verunreinigung bei Valsartan beruhe auf einer Veränderung des Herstellungsverfahrens im Jahr 2012 bei dem chinesischen Wirkstoffproduzenten. Als wahrscheinlichste Ursache gilt eine Modifikation bei der Herstellung des Tetrazol-Rings. Hier soll im konkreten Fall N,N-Dimethylformamid (DMF) als Lösungsmittel eingesetzt worden sein, das dann über Dimethylamin und in Gegenwart mit Salpetriger Säure zu NDMA weiterreagiert hat.
APOTHEKE ADHOC Debatte