Antiepileptika

Wie plötzlich Blei ins Liskantin kam

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Berlin -

Liskantin soll Primidon enthalten, doch aktuell ist Blei im Antiepileptikum zu finden. Die Frage, woher das Schwermetall kommt, kann der Hersteller Desitin auch noch nicht beantworten. Geschäftsführer Dr. Martin Zentgraf weiß aber zu erklären, dass die Verunreinigung durch neue Analyseverfahren detektiert wurde.

Das Blei ist laut Zentgraf schon in der Ausgangssubstanz enthalten. „Aktuell gibt es nach unserem Wissen zwei Hersteller des Wirkstoffs Primidon. Von beiden beziehen wir Ware“, so Zentgraf. In den zurückgerufenen Chargen sei die Substanz eines chinesischen Lieferanten verarbeitet worden. Seit 2008 bezieht das mittelständische Pharmaunternehmen aus Hamburg dort Ware. „Der Wirkstoff war immer spezifikationskonform.“

Bislang wurde eine unspezifische Methode zur Bestimmung des Schwermetallgehaltes angewendet. Laut Gesetz muss nach Europäischem Arzneibuch 2.4.8 Methode D getestet werden. „Der Ausgangsstoff entsprach den Anforderungen nach der alten Testmethode.“ Im Ergebnis, das anhand eines visuellen Farbvergleiches ermittelt wird, wurde der Grenzwert von 10 ppm nicht überschritten.

„In den 10 ppm sind alle Schwermetalle zusammengefasst, in der Rationale bedeutet das: Wird der Wert nicht überschritten, ist auch nicht zu viel Blei enthalten.“ Die Methode wird aber zum 31. Dezember dieses Jahres ersetzt und nicht mehr zulässig sein. Desitin etablierte bereits jetzt das neue Verfahren, das erst ab Januar 2018 für Hersteller und ihre Lieferanten verbindlich sein wird. In einer Massenspektrometrie nach ICP-MS werden dann alle Schwermetalle einzeln bestimmt. Für Blei gilt dann ein eigener Grenzwert, der mit der täglich erlaubten Zufuhrmenge korreliert und bei 5 ppm liegt.

Der auf Antiepileptika spezialisierte Hersteller ist schon jetzt dabei, die neue Methode zu etablieren, und testete den im Umlauf befindlichen Ausgangsstoff. So kam ein Ergebnis zustande, mit dem niemand gerechnet hatte. „Mehr als die Hälfte der Verunreinigung war Blei. Wir haben mehrere Ausgangsstoffe getestet und ermittelten eine breite Streuung in den Ergebnissen. Zwischen 5 und 10 ppm war alles dabei“, so Zentgraf.

„Obwohl wir die Ware nach dem aktuell gültigen Ordnungsprinzip freigegeben haben, haben wir uns für einen freiwilligen Rückruf entschieden. Das Ergebnis kann man nicht einfach ignorieren. Die Patientensicherheit und Versorgung haben oberste Priorität.“ In Absprache mit den zuständigen Behörden wartete man mit dem Rückruf der Ware, bis Nachschub verfügbar war. „Trotz des festgestellten Qualitätsfehlers sollte ein Therapieabbruch ausgeschlossen sein, die Patienten sollten lückenlos versorgt werden.“

Der aktuell gelieferte Ausgangsstoff ist nach der neuen differenzierten Massenspektrometrie spezifikationskonform, neue Ware kann nachproduziert werden. Ende Mai, Anfang Juni werde man wieder in vollem Umfang lieferfähig sein, so Zentgraf.

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