Die europäische Arzneimittelagentur EMA prüft das
Nutzen-Risiko-Verhältnis von Volumenersatzlösungen mit
Hydroxyethylstärke (HES). Im vergangenen Jahr hatten zwei große
klinische Studien ergeben, dass die HES-Anwendung gegenüber
kristalloiden Infusionslösungen mit einem größeren Risiko für
Nierenschäden verbunden ist. Dagegen ergab sich kein Überlebensvorteil
unter HES.
In der sogenannten 6S-Studie erhielten jeweils knapp 400 Patienten mit schwerer Sepsis entweder eine 6-prozentige HES- oder eine Ringer-Acetat-Lösung. Dabei zeigte sich ein höheres Mortalitätsrisiko für die HES-Gruppe: Innerhalb des 90-Tage-Zeitraums erhielten 22 Prozent der Patienten aus der HES-Gruppe eine Nierenersatztherapie gegenüber 16 Prozent aus der Vergleichsgruppe.
In der CHEST-Studie wurden knapp 7000 internistische oder chirurgische Intensivpatienten aus 32 Zentren in Australien und Neuseeland mit 6-prozentiger HES- beziehungsweise 0,9-prozentiger Natriumchloridlösung (NaCl) behandelt. Hier gab es bei der 90-Tages-Mortalität keinen signifikanten Unterschied. Eine Nierenersatztherapie erhielten 7 Prozent der mit HES und 5,8 Prozent der mit NaCl behandelten Patienten. Auch Leberfunktionsstörungen traten in der HES-Gruppe signifikant häufiger neu auf (1,9 vs. 1,2 Prozent). Auch Nebenwirkungen wie Pruritus und Exantheme gab es in der HES-Gruppe signifikant öfter (5,3 vs. 2,8 Prozent).
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wertet die Ergebnisse der beiden Studien als deutliches Signal für ein potentiell ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis und hat daher ein Risikobewertungsverfahren auf europäischer Ebene ausgelöst.
Bis zum Abschluss des Verfahrens empfiehlt das BfArM, HES bei Patienten mit schwerer Sepsis nicht anzuwenden. Bei intensivmedizinischen Patienten sollten kristalloide Lösungen bevorzugt angewendet werden. Kolloidale Volumenersatzmittel werden in der Notfall- und Intensivmedizin zur Therapie und Prophylaxe einer Hypovolämie und zur Volumensubstitution bei Schock infundiert.
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