Wirkstoffpflaster oder Trockenmittel?

Verwechslung bei Estramon conti noch bis 2020

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Berlin -

Estramon conti (Estradiol/Norethisteron, Hexal) wird zur Hormonsubstitution nach den Wechseljahren eingesetzt. Das Arzneimittel ist als Pflaster auf dem Markt. Allerdings kann es bei der Anwendung Verwechslungen zwischen dem Wirkstoff-haltigen Pflaster und dem Trockenmittelpad geben.

Die Estramon-Matrixpflaster befinden sich lose in einem Sachet. Zur Qualitätssicherung des Wirkstoffpflasters ist an der Innenwand ein Polypropylen-haltiges Trockenmittel mit Sauerstoff und Feuchtigkeit absorbierenden Eigenschaften mit Hilfe einer Klebefolie angebracht. Eine Beschriftung auf den beiden Flächen gibt es nicht. Das hautfarbene quadratische Pad ist etwa 1 mm dick. Dagegen ist das transparente Wirkstoffpflaster eher unscheinbar.

In den vergangenen etwa sechs Jahren sind bei der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) insgesamt 34 Verdachtsfälle aus Apotheken eingegangen. Betroffen sind beide Stärken (30/95 µg/24 h und 40/130 µg/24 h). Eine unzureichende Klebekraft wurde in 18 Fällen bemängelt, für mindestens sieben Fälle ist eine Minderwirkung dokumentiert. Zwei Frauen hatten gar bemerkt, dass das Trockenmittel-Pad aufgeklebt wurde. In einem Fall handelt es sich um einer 53-jährige Erstanwenderin, die angab, die Packungsbeilage nicht gelesen zu haben. Außer der verminderten Wirksamkeit berichtete die Betroffene über eine Hautrötung an der Klebestelle, die über einen Zeitraum von drei Monaten anhielt.

Als Reaktion auf die Meldungen hat die AMK das Zentrallaboratorium der Deutschen Apotheker (ZL) beauftragt, eine Originalverpackung des transdermalen Hormonpflasters zu untersuchen. Die Experten kamen laut AMK zu dem Schluss, „dass nur nach vollständiger Öffnung des Sachets das Trockenmittel samt der Klebefolie abgezogen werden kann und die Klebkraft, mittels Scherkraftprüfgerät bestimmt, im Vergleich zum Matrixpflaster reduziert aber vorhanden ist.“ Einen Hinweis auf das Trockenmittel war weder auf dem Sachet noch auf dem Umkarton zu finden. Einzig die Gebrauchsinformation enthält einen kurzen Hinweis. „Das Trockenmittel an der Innenseite des Beutels dient nur zur Sicherstellung der Produktqualität und darf nicht auf die Haut aufgebracht werden.“ In der beigelegten Broschüre – die aufgrund der Verwechslungen umgestaltet wurde – sind entsprechende Hinweise zum Trockenmittel-Pad zu finden. Der Hersteller informiert, dass das hautfarbene Pad „nicht auf die Haut aufgebracht werden“ darf.

„In der Zusammenschau der Fälle verhindert die Aufmachung des Arzneimittels aus Sicht der AMK den oben genannten Anwendungsfehler und die daraus folgenden Risiken nur unzureichend“, heißt es im Informationsschreiben an die Apotheker. Auch wenn es bereits Ergebnisse zu Stabilitätsstudien mit einem anderen Trockenmittel gibt, ist nicht damit zu rechnen, dass es noch in diesem Jahr eine Umstellung geben wird. Die AMK rechnet aufgrund der Haltbarkeit der Bestandsware, dass es noch bis mindestens Ende 2020 zu Verwechslungen bei Estramon conti geben kann.

Apotheker sollen daher bei der Abgabe der transdermalen Pflaster – insbesondere im Falle einer Erstverordnung – auf die korrekte Anwendung des Arzneimittels hinweisen. Außerdem sollen die Anwenderinnen auf die möglichen Risiken hingewiesen werden, die beim Aufkleben des Trockenmittels auftreten können.

Estramon conti wird zweimal pro Woche, also alle drei bis vier Tage, neu auf die intakte Haut aufgeklebt. Als Klebestelle ist beispielsweise der seitliche Oberschenkel geeignet, sowie jene Hautstellen, die sich bei Bewegung wenig falten. Die Pflaster dürfen jedoch nicht auf die Brust geklebt werden.

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