Nebenwirkungen

Lemtrada: Unberechenbare Nebenwirkungen

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Berlin -

Ein Team der Bochumer Ruhr-Universität entdeckte unberechenbare Nebenwirkungen, die in Verbindung mit dem Multiple-Sklerose-Medikament Lemtrada (Alemtuzumab) stehen. Der von Genzyme vertriebene Antikörper soll weitere Autoimmunprozesse in Gang setzen beziehungsweise den Verlauf der Krankheit verschlimmern. Außerdem entstünden ringförmige Läsionen im Gehirn.

Ob durch den Antikörper ein neuer unabhängiger Autoimmunprozess ausgelöst werde oder ob der Verlauf der vorhandenen Multiplen Sklerose verschlechtert werde, lasse sich nicht unterscheiden, so die Forscher um Professor Dr. Aiden Haghikia.

Entsprechende Prozesse wurden bei zwei Patienten bemerkt, die nach deutlicher Verschlechterung ihrer MS-Symptomatik im Dezember 2014 beziehungsweise Juli 2015 mit Alemtuzumab behandelt worden waren. Etwa ein halbes Jahr später zeigten sich bei ihnen bei Kernspin-Aufnahmen ringförmige Einlagerungen von Kontrastmittel im Gehirn, ihr körperlicher Zustand verschlechterte sich. Versuche, die Entzündung mit intravenösem Methylprednisolon zu behandeln, schlugen fehl, obwohl Dosen bis zu 7000 mg verabreicht wurden.

Die Ärzte wendeten eine Therapie an, die schon bei anderen Fällen von ringförmigen Ereignissen im Zentralnervensystem gewirkt hatte: Durch eine Plasmapherese mit anschließender Immunoabsorption konnten die Symptome verbessert werden. Eine Behandlung mit MabThera (Rituximab) ließ schließlich auch die auffälligen Kernspin-Ereignisse verschwinden. Der Antikörper tötet B-Lymphozyten ab. Diese stehen demnach vermutlich in Zusammenhang mit den fehlgeleiteten Immunreaktionen. Die Verbesserung des Gesundheitszustandes der Patienten war nachhaltig, unbehandelt hätte jedoch eine irreversible Behinderung entstehen können.

Alemtuzumab richtet sich vor allem gegen das CD52-Protein auf der Oberfläche von T- und B-Lymphozyten und senkt so die gesamte Lymphozytenzahl. Zuvor war der Arzneistoff unter dem Namen MabCampath zur Behandlung der chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) zugelassen. Das Arzneimittel wurde dann jedoch aus "strategischen Gründen" vom Markt genommen und zur Behandlung der Multiplen Sklerose neu zugelassen. Genzyme-Mutterkonzern Sanofi hatte sich dafür mit Bayer zusammengetan. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) hatte dem Unternehmen vorgeworfen, den Indikationswechsel nur aus finanziellen Gründen durchzuführen, da mehr Menschen an Multipler Sklerose leiden als an CLL.

Schon aus den Zulassungsstudien war bekannt, dass der Arzneistoff potenziell sekundäre Autoimmunprozesse in Gang setzen kann. Diese richteten sich meistens gegen Zellen der Schilddrüse sowie Nierenzellen oder Blutplättchen.

Multiple Sklerose ist eine der häufigsten Erkrankungen bei jungen Erwachsenen. Die Krankheit bewirkt chronische Entzündungen in den Myelinscheiden des Zentralnervensystems. Dadurch können Störungen an prinzipiell allen Neuronen des Körpers entstehen, da eine schnelle "saltatorische" Weiterleitung der Nervenimpulse verhindert wird. Die Ursache der Erkrankung ist unbekannt, sie ist daher bisher nicht heilbar. Therapieoptionen haben eine möglichst lange Unabhängigkeit der Patienten im Alltag zum Ziel.

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