Schwanger wegen Fehldruck? Pfizer hat drei Chargen des oralen Kontrazeptivums Trigoa (Levonorgestrel/Ethinylestradiol) zurückgerufen. Weil der Blister mit der falschen Einnahmereihenfolge bedruckt ist, bestehe das Risiko ungewollter Schwangerschaften. Pharmakologe Professor Dr. Gerd Glaeske von der Universität Bremen kritisiert die Kommunikationspolitik des Herstellers und sieht die Haftung bei Pfizer.
Etwa 2700 Packungen sollen vom Rückruf des Verhütungsmittels betroffen sein. Diese wurden laut Pfizer ab dem 27. November bundesweit an Großhändler und Apotheken ausgeliefert. Zurückgerufen werden die Chargen W98332, X34106 und X51153 in den Packungsgrößen 21, 3x21 und 6x21 Stück. Die Zahl der betroffenen Frauen ist weiterhin unklar. Fest steht jedoch, dass die betroffenen Chargen vom 27. November bis 6. Dezember in den Apotheken abgegeben wurden. „Pfizer geht von einer kleinen Anzahl von Packungen aus, die in diesem Zeitraum abgegeben wurden“, teilt eine Sprecherin mit. „Wir bedauern die Unannehmlichkeiten und entschuldigen uns in diesem Zusammenhang.“
Glaeske kritisierte angesichts der Behördenwarnung vor ungewollten Schwangerschaften die Kommunikationspolitik des Herstellers. „Gerade unter dem Aspekt der eingeschränkten Zuverlässigkeit der Verhütung sollte mit dem Rückruf eine öffentliche Warnung einhergehen.“ Erst am Montagnachmittag und damit eine Woche nach der Information an Apotheken und Großhandel waren auf der Pfizer-Webseite allgemeine Angaben zum Rückruf zu finden, am Abend folgten Hinweise für Anwenderinnen.
Die betroffenen Frauen werden gebeten, „die Packung über die Apotheke zurück zu schicken“. Die Apotheker erhalten von Pfizer eine Rückerstattung, heißt es auf der Homepage. Gleichzeitig weist der Hersteller darauf hin, dass „für die Ausgabe eines alternativen Kontrazeptivums ein Rezept des behandelnden Arztes erforderlich ist“. Das weitere Vorgehen sollte mit dem Arzt besprochen werden. „Vorsichtshalber ist die Verwendung eines zusätzlichen, nicht-hormonellen Verhütungsmittels, zum Beispiel Kondom, ratsam.“
Angehörige von Heilberufen werden gebeten, Frauen, die im genannten Zeitraum eine Verschreibung über das orale Kontrazeptivum eingelöst haben, über den fehlerhaften Aufdruck und den Rückruf zu informieren. Das ist allerdings angesichts des Privatrezepts schwierig, weil die Verordnungen nicht dokumentiert werden.
Glaeske betonte, im Fall von Schwangerschaften sei der Hersteller nach seiner Einschätzung „haftbar zu machen für Folgen mangelnder Produktqualität“. Fehler wie falsch bedruckte Durchdrückverpackungen müssten aus seiner Sicht in der Qualitätssicherung des Herstellers auffallen. Da zunehmend im Ausland produziert werde, fielen Fehler manchmal aber erst den Anwendern oder Apothekern auf. Die fehlerhafte Einnahmereihenfolge war einer jungen Studentin aufgefallen. Diese kam vor etwa einer Woche in die Theater-Apotheke des Würzburger Apothekers Dr. Helmut Strohmeier.
Trotz der falschen Beschriftung rechnen Frauenärzte nicht reihenweise mit Schwangerschaften. Die enthaltenen synthetischen Hormone seien „zu jedem Zeitpunkt ausreichend hoch dosiert, um einen Eisprung zu verhindern, auch dann, wenn die Dragees in einer falschen Reihenfolge eingenommen werden“, erklärte der Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte, Dr. Christian Albring. „Das gilt, solange eine regelmäßige, tägliche Einnahme alle 24 Stunden gesichert ist.“
Die Aussage deckt sich mit der von Pfizer veröffentlichten medizinischen Einschätzung. „Die am niedrigsten dosierten Dragees enthalten 30 µg Ethinylestradiol und 50 µg Levonorgestrel. Dies entspricht der notwendigen Dosis, die den Eisprung hemmt. Daher ist selbst bei einer nicht korrekten Reihenfolge der Einnahme das Risiko einer Schwangerschaft wahrscheinlich sehr gering – sofern keine Dragees ausgelassen wurden und die Einnahme in jeweils etwa zur gleichen Tageszeit stattgefunden hat. Es gibt jedoch keine Daten aus randomisierten klinischen Studien, die die Schwangerschaftsverhütung entsprechend der niedrigsten Dosierung abschließend belegen würden.“
Der Rückruf macht sich laut dem Vorsitzenden der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK), Professor Dr. Martin Schulz, bereits in Apotheken bemerkbar – die AMK bekomme Verärgerung zu spüren. Die Apotheken seien zwar von Pfizer zum Zurücksenden der betroffenen Arzneimittelpackungen aufgefordert worden. „Portokosten würden aber nicht erstattet werden und zur Erstattung der Arzneimittel wurden von der Firma uns gegenüber bisher auch keine Angaben gemacht.“ Pfizer kündigte am Montagabend „eine Rückerstattung für die betroffenen Packungen“ an. Für Trigoa ist nun ein Lieferengpass bis voraussichtlich April 2019 gemeldet.
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