Die sehr seltene Nebenwirkung Agranulozytose erleidet weniger als ein Patient von 10.000 während der Behandlung mit Metamizol. Zu spät erkannt und unbehandelt kann die unerwünschte Arzneimittelwirkung (UAW) zum Tod führen. Anlässlich eines kürzlich gemeldeten Todesfalls erinnert die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) an die Gefahr.
Eine Agranulozytose kann lebensgefährlich sein und zu jeder Zeit der Therapie mit Metamizol auftreten – auch wenn das Arzneimittel zu einem früheren Zeitpunkt ohne Komplikationen vertragen wurde. Das Risiko steigt, wenn der Wirkstoff über einen Zeitraum von mehr als einer Woche eingenommen wird. Typische Anzeichen können Fieber, Schüttelfrost, Halsschmerzen und Schluckbeschwerden sowie entzündliche Schleimhautveränderungen sein. Wird zeitgleich mit einem Antibiotikum behandelt, können die Symptome geringer ausfallen. Verschlechtert sich der Allgemeinzustand der Patienten plötzlich und unerwartet, kann dies ebenfalls ein Anzeichen für eine Agranulozytose sein.
Als Mechanismus für die Blutbildungsstörung und einem damit verbundenen Abfall oder Fehlen der Granulozyten wird eine immunvermittelte Lyse der neutrophilen Granulozyten in Betracht gezogen. Das Auftreten der UAW ist variabel und kann auch bei bestehender Sensibilisierung mehrere Monate nach Behandlungsbeginn auftreten.
„Anlässlich eines kürzlich der AkdÄ gemeldeten Todesfalles eines 33-jährigen jungen Mannes möchten wir erneut daran erinnern, dass Metamizol sehr selten eine Agranulozytose verursachen kann“, schreibt die AkdÄ. Eine falsche Interpretation oder Bagatellisierung der Symptome ist jedoch möglich – wie im Fall des jungen Mannes. Die Therapie konnte aufgrund der verspäteten Diagnosestellung nur verzögert erfolgen.
Die AdkÄ mahnt, Metamizol nur in den zugelassenen Indikationen anzuwenden und bei längerfristigem Gebrauch regelmäßig eine Differenzialblutbildkontrolle durchführen zu lassen. Zudem sollten Patienten, Angehörige und Pflegepersonal für die Symptome einer Agranulozytose sensibilisiert und beim Auftreten von Fieber, Halsschmerzen und entzündlichen Schleimhautveränderungen sofort ein Arzt aufgesucht werden. Nach einer Blutbildkontrolle sollte dann eine Therapiepause eingeleitet werden.
Metamizol ist zugelassen für die Behandlung von Erwachsenen und Kindern – älter als zehn Jahre. Angezeigt ist das Analgetikum für die Therapie von akuten starken Schmerzen nach Verletzungen oder Operationen, krampfartigen Leibschmerzen sowie Tumorschmerzen. Reservemittel und somit nicht erste Wahl ist Metamizol bei sonstigen akuten oder chronischen Schmerzen und hohem Fieber. Hier sollte der Wirkstoff nur Anwendung finden, wenn keine anderen Behandlungsalternativen in Frage kommen oder angesprochen haben.
Das Pyrazolon-Derivat besitzt analgetische, antipyretische und spasmolytische Eigenschaften. Der Wirkmechanismus ist bislang nicht vollständig geklärt. Es bestehen jedoch Hinweise, dass der Hauptmetabolit Methylaminoantipyrin möglicherweise sowohl einen zentralen als auch peripheren Wirkmechanismus besitzt. Mögliche Ziele können die Cyclooxygenasen und die Cannabinoid-Rezeptoren sein. Patienten können bei normaler Nierenfunktion 500 bis 1000 mg Metamizol pro Einzeldosis oral verabreichen. Verteilt auf drei bis vier Gaben beträgt die maximale Tageshöchstdosis 3000 bis 4000 mg.
Der Wirkstoff wird seit 1920 eingesetzt. In den 70er-Jahren wurde Metamizol in vielen Ländern, darunter USA, Australien und vielen europäischen Ländern, aufgrund des Risikos von Agranulozytosen vom Markt genommen. In Deutschland sind im Jahr 1987 alle Metamizol-haltigen Kombinationspräparate vom Markt verschwunden und die Monopräparate wurden der Rezeptpflicht unterstellt. Darüber hinaus wurden die Indikationen eingeschränkt. Trotzdem stieg die Zahl der Metamizol-Verordnungen seit 1990 um das Zehnfache.
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