Die Ruhensanordnung von Tetrazepam geht in die nächste Runde: Die EU-Kommission verlängert das Ruhen der Zulassungen erneut um zwei Jahre – bis zum 31. Juli 2021.
Tetrazepam war seit 1967 zur Behandlung von Muskelverspannungen und Spasmen mit gesteigertem Muskeltonus im Einsatz. Im August 2013 erfolgte schließlich die Marktrücknahme von Tetrazepam: Die französische Arzneimittelbehörde hatte die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) zu einer Überprüfung und Neubewertung des Wirkstoffs angeregt. Ursache waren sehr seltene schwere Haut- und Überempfindlichkeitsreaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock.
Die erste Verlängerung der Ruhensanordnung war bis zum 1. August 2017 befristet, es folgte eine zweite Verlängerung um erneut zwei Jahre bis zum 31. Juli 2019. Nun teilte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) das weitere Ruhen der Zulassungen mit: Neues Enddatum ist der 31. Juli 2021.
Dem Antrag liegen 1600 Meldungen, darunter 650 als schwerwiegend eingestuft, alleine in Frankreich zugrunde. Die Experten kamen in ihrem Urteil zu einem negativen Nutzen-Risiko-Verhältnis, nicht zuletzt, weil die Wirksamkeit nur begrenzt belegt werden konnte. Die verfügbaren Daten konnten die klinische Wirksamkeit im Indikationsgebiet nur bedingt zeigen.
Das Benzodiazepin war in verschiedenen europäischen Ländern im Handel – zum Teil in unterschiedlichen Indikationen. Das Risiko für Hautreaktionen ist unter Tetrazepam höher als unter anderen Benzodiazepinen. Unerwünschte Ereignisse können zu jeder Zeit der Behandlung auftreten und sind unvorhersehbar. Je nach Statistik ist einer von 150.000 bis 350.000 Anwendern betroffen.
Da das Medikament aber vergleichsweise häufig zum Einsatz kommt, oft auch in Kombination mit anderen Arzneimitteln, die Dunkelziffer sehr hoch liegen könnte und ein kausaler Zusammenhang nach Empfindlichkeitstests wahrscheinlich ist, kamen die Gutachter zu einem negativen Nutzen-Risiko-Verhältnis. Außerdem sei nur begrenzte klinische Wirksamkeit belegt. Die Hautreaktionen können nicht nur schwerwiegend, sondern lebensbedrohlich sein. Mögliche Ereignisse sind Urticaria, Erythema multiforme, Lyell-Syndrom und Stevens-Johnson-Syndrom.
Ärzte können seit der Marktrücknahme von Tetrazepam noch auf verschiedene zentral wirksame Muskelrelaxantien zurückgreifen. Zur Verfügung stehen Sirdalud (Tizanidin), Ortoton/DoloVisano (Methocarbamol) und das generische Baclofen. Seit April 2015 ist das Chinin-haltige Limptar ebenfalls verschreibungspflichtig.
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