Darüber, dass Patient:innen mit schwerem oder unkontrolliertem – nicht behandeltem oder therapieresistentem – Bluthochdruck oder Patient:innen mit schweren akuten oder chronischen Nierenerkrankungen oder Nierenversagen keine Pseudoephedrin-haltigen Arzneimittel anwenden sollten, wird seit einiger Zeit informiert. Jetzt weist ein Rote-Hand-Brief auf das Risiko hin.
Pseudoephedrin ist fester Bestandteil verschiedener Erkältungskombis und kommt auch bei allergischer Rhinitis zum Einsatz. Außerhalb Deutschlands ist Pseudoephedrin zur Behandlung einer Entzündung des Mittelohrs aufgrund plötzlicher Luftdruckänderungen zugelassen. Das indirekte Sympathomimetikum wirkt stimulierend. Es werden verstärkt Katecholamine ausgeschüttet und deren Wiederaufnahme gehemmt. Die Gefäße verengen sich und die Nasenschleimhäute schwellen ab. Die Freisetzung von Noradrenalin führt nicht nur eine Verengung der Blutgefäße herbei, sondern sorgt auch dafür, dass weniger Flüssigkeit in den Gefäßen freigesetzt wird – Schwellung der Nase und Schleimproduktion in der Nase nehmen ab. Der Wirkstoff ist lipophil und somit ZNS-gängig. Die Konzentration, die Wahrnehmung von Sinnesreizen und die Reaktionszeit können beeinflusst werden.
Doch keine Wirkung ohne Nebenwirkung. Bei Anwendung von Pseudoephedrin besteht das Risiko für posteriore reversible Enzephalopathiesyndroms (PRES) sowie das reversible zerebrale Vasokonstriktionssyndrom (RCVS). Hierbei handelt es sich um seltene Krankheitsbilder, die mit einer verminderten Blutversorgung des Gehirns einhergehen und zu schweren, lebensbedrohlichen Komplikationen führen können. Bei rechtzeitiger Diagnose und Behandlung klingen die Symptome von PRES und RCVS in der Regel ab.
PRES ist durch eine Vielzahl von akuten oder subakuten neurologischen Symptomen gekennzeichnet. Dazu gehören Kopfschmerzen, veränderter Bewusstseinszustand, Krampfanfälle, Sehstörungen und/oder fokale neurologische Ausfallerscheinungen. Die Beschwerden können nach Stunden bis Tagen auftreten und verschwinden innerhalb weniger Tage oder Wochen, wenn der Blutdruck gesenkt und das Pseudoephedrin-haltige Arzneimittel abgesetzt werden.
RCVS äußert sich in der Regel durch Donnerschlagkopfschmerzen – typischerweise beidseitig und posterior beginnend, gefolgt von diffusen Schmerzen, die häufig von Übelkeit, Erbrechen, Photophobie begleitet werden. Zu den Hauptkomplikationen gehören ischämische und hämorrhagische Schlaganfälle.
Die Produktinformationen aller Pseudoephedrin-haltiger Arzneimittel müssen entsprechend aktualisiert werden, um das Risiko für PRES und RCVS zu minimieren. Schon jetzt sind in den Produktinformationen Einschränkungen und Warnhinweise zur Verringerung der kardiovaskulären und zerebrovaskulären ischämischen Risiken enthalten.
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