Novartis warnt vor Nebenwirkungen des MS-Medikaments Gilenya (Fingolimod): Im Februar sei erstmals über das Auftreten einer progressiven multifokalen Leukoenzephalopathie (PML) berichtet worden, heißt es in einem Rote-Hand-Brief. Ärzten wird empfohlen, aufmerksam zu sein und die Behandlung im Falle einer PML dauerhaft abzusetzen.
Laut Novartis ist dies der erste Fallbericht einer PML bei einem MS-Patienten unter Fingolimod-Therapie, der kein Natalizumab (Tysabri) oder andere immunsuppressive Arzneimittel erhalten hatte. Ein 49-Jähriger hatte die PML im Februar entwickelt. Der Patient hatte bis September 2010 für zehn Monate Interferon-beta und seitdem Gilenya erhalten.
Im Januar wurde bei dem Patienten eine MRT-Routineuntersuchung durchgeführt. Dabei wurden Läsionen entdeckt, die mit einer PML vereinbar waren. Der Patient beendete die Behandlung mit Fingolimod kurz darauf. Die Diagnose wurde bestätigt, der Patient zeigt laut Novartis bislang aber keine klinischen Anzeichen oder Symptome einer PML.
PML wird durch die Reaktivierung des JC-Virus verursacht. Das Virus wird häufig in der Allgemeinbevölkerung gefunden, führt aber nur dann zu einer PML, wenn das Immunsystem geschwächt ist. Eine PML kann sich mit ähnlichen Symptomen einer Multiplen Sklerose äußern, da es sich in beiden Fällen um demyelinisierende Erkrankungen handelt.
Gilenya wurde im März 2011 in der EU zugelassen für Patienten, die trotz Beta-Interferon-Behandlung unter starker schubförmig remittierender Multipler Sklerose (RRMS) leiden, sowie zur Behandlung von RRMS-Patienten mit besonders schwerem Krankheitsverlauf. Im September 2010 hatte Novartis die Zulassung für Gilenya in den USA erhalten.
Fingolimod verhindert als Analogon des Gewebshormons Sphingosin-1-phosphat (S1P) durch Bindung an den S1P1-Rezeptor auf T- und B-Lymphozyten die Einwanderung entzündungsfördernder Zellen. Bereits im August 2013 gab es Hinweise auf eine ZNS-Infektion: Die US-Arzneimittelbehörde untersuchte eine Meldung aus Europa, nach der ein Patient eine PML entwickelte.
Auch kardiologische Vorfälle nach der Ersteinnahme sind unter Gilenya bekannt. Ärzte müssen daher bei der Neueinstellung von Patienten während der ersten sechs Stunden EKG-Messungen durchführen sowie Blutdruck und Puls kontrollieren. Weil auch nach einer Unterbrechung der Therapie die Nebenwirkung auftreten kann, soll auch bei der Wiederaufnahme der Behandlung die Patient überwacht werden.
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