Arzneimittelskandal

Neue Verunreinigungen in Sartanen entdeckt

, Uhr
Berlin -

Ein Jahr nach Bekanntwerden der Verunreinigungen in Generika mit dem Wirkstoff Valsartan haben deutschen Wissenschaftler zwei weitere Substanzen in Fertigarzneimitteln entdeckt. Außerdem wurde NDEA in geringer Menge erstmals auch in Candesartan nachgewiesen. Professor Dr. Fritz Sörgel vom Institut für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung (IBMP), Professor Dr. Mona Abdel-Tawab vom Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) und Professor Dr. Ulrike Holzgrabe vom Institut für Pharmazeutische Chemie der Universität Würzburg fordern Konsequenzen.

Seit knapp einem Jahr beschäftigen sich die Wissenschaftler mit den Verunreinigungen von Sartanen. Mit Unterstützung von Forschern des TÜV Rheinland und der Firma Sciex haben sie 152 Präparate von 39 Herstellern untersucht. Mit Hilfe der hochauflösenden Massenspektroskopie konnte nicht nur nach unerwarteten Substanzen gesucht werden; aufgrund der hohen Nachweisempfindlichkeit waren auch geringste Mengen noch detektierbar.

So wurden in 21 Proben N-Nitrosodimethylamin (NDMA) und in 9 Proben N-Nitrosodiethylamin (NDEA) nachgewiesen, das sind 13,8 beziehungsweise 5,9 Prozent aller untersuchten Tabletten. Mit Valeramid (VLA) und Dimethylvaleramid (VLA-DIM) wurden in 13 beziehungsweise 7 Proben zwei weitere Verunreinigungsprodukte nachgewiesen. Dies entspricht 8,6 beziehungsweise 4,6 Prozent.

Im Gegensatz zu den Nitrosaminen gelten diese zwar nicht als krebserregend. „Aber in eine Tablette gehören sie trotzdem nicht, zumal ihre Entstehung auf ähnliche Mechanismen zurückgeht wie die beim NDMA und dem NDEA“, sagt Sörgel. „Das Auffinden weiterer Verunreinigungen weist möglicherweise noch auf viel größere Probleme in der Herstellung von Arzneistoffen hin.“

Außerdem ist in einem generischen Candesartan-Generikum NDEA gefunden worden, zwar in sehr geringer Konzentration, aber aufgrund der hohen Nachweisempfindlichkeit dennoch detektierbar. Damit wurden nun bei allen vier Sartanen mit Tetrazolring auch Nitrosamine gefunden. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal „Journal of Pharmaceutical and Biomedical Analysis“ veröffentlicht.

„Die Konsequenz aus unseren Untersuchungen ist ganz klar: Der Arzneimittelherstellungsprozess generell muss einer strengeren und vor allem viel breiter angelegten Überprüfung unterzogen werden, denn es ist höchst unwahrscheinlich, dass nur Sartane von Verunreinigungen betroffen sind“, schreiben die Forscher. „Unser Focus gilt in Zukunft der Suche nach unerwarteten Stoffen in Arzneistoffen mithilfe der modernen Technologie der hochauflösenden Massenspektroskopie.“

„Das Problem ist mit den Nitrosaminen nicht beendet, es fängt erst an“, sagt Sörgel. Alle Medikamente müssten in Zukunft von unabhängigen, mit den neuesten und besten Methoden ausgestatteten Laboren überprüft werden. „Wir brauchen sowohl von Behörden wie von Firmen unabhängige Institute, die in einem ersten Schritt die 100 wichtigsten Arzneistoffe untersucht und zwar Generika wie Originatoren.“ Das Beispiel dieser Zusammenarbeit von Pharmazeuten aus Nürnberg, Würzburg und Eschborn zeige, was schon in kurzer Zeit erreicht werden könne. „Die hochauflösende Massenspektroskopie wird uns in die Lage versetzen, einen Schritt Richtung sicherer Arzneimittel ermöglichen. Die Firmen werden nicht leicht Ausreden finden, warum das nicht gemacht werden kann.“

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr zum Thema
Rückruf bei Neuraxpharm
Pregabalin mit zu geringem Gehalt
Mehr aus Ressort
Benzolbildung verhindern
BPO besser im Kühlschrank lagern
FDA bezweifelt Wirksamkeit
Orales Phenylephrin vor dem Aus?

APOTHEKE ADHOC Debatte