Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) warnt vor Dimethylfumarat. Bislang seien hierzulande neun Fälle einer progressiven multifokalen Leukencephalopathie (PML) unter Fumaderm und zwei entsprechende Fälle unter Tecfidera gemeldet worden.
Das BfArM geht davon aus, dass eine längerfristige, schwere Lymphopenie unter der Therapie mit Dimethylfumarat das Risiko für die Entstehung einer PML birgt. Die Behörde rät eindringlich zu regelmäßigen Blutbildkontrollen bei Patienten, die mit dimethylfumarathaltigen Arzneimitteln behandelt werden. Bei niedrigen Lymphozytenwerten sollte die Medikation abgesetzt werden. Darauf wies der Hersteller Biogen Idex bereits in einem Rote-Hand-Brief zu Fumaderm im Juni 2013 und einem Rote-Hand-Brief zu Tecfidera im Dezember 2014 hin.
Treten neurologische Symptome auf, die auf eine PML hinweisen können, sollten die Patienten überwacht beziehungsweise das Arzneimittel abgesetzt und der Patient neurologisch untersucht werden. Solche Symptome können laut BfArM etwa Störungen des Hör-, Sprach-, Denk- und Erinnerungsvermögens sein, sowie Schwäche- und Taubheitsgefühl der Extremitäten und/oder Persönlichkeitsstörungen oder -veränderungen.
Bereits im Oktober 2014 wurde, durch Deutschland initiiert, ein europäisches Signalverfahren eingeleitet. Seit Dezember wird in einem sogenannten Worksharing-Variation-Verfahren zu dimethylfumarathaltigen Arzneimitteln geprüft, inwiefern die Produktinformationen auf europäischer Ebene angepasst werden sollen.
Im vergangenen Jahr war eine MS-Patientin an den Folgen einer PML gestorben: Sie hatte an der nicht-verblindeten ENDORSE-Studie teilgenommen. Während der Behandlung litt sie über dreieinhalb Jahre an einer schweren und lang anhaltenden Lymphopenie. Die Lymphozytenzahl schwankte seit Januar 2011 zwischen 200 und 580 Zellen/μl. Sie verstarb wegen Komplikationen, die mit einer Verschlechterung ihres neurologischen Zustandes und einer Aspirationspneumonie in Verbindung standen.
Die PML ist eine seltene und schwere Hirninfektion, die durch das JC-Virus verursacht wird. Das Virus ist in der Gesamtbevölkerung weit verbreitet, führt aber nur zu PML, wenn das Immunsystem geschwächt ist. Die PML ist wie MS eine demyelinisierende Erkrankung und manifestiert sich mit ähnlichen Symptomen.
Fumaderm enthält Dimethylfumarat in Kombination mit drei Salzen von Ethylhydrogenfumarat. Als der eigentlich wirksame Bestandteil wird Dimethylfumarat angesehen. Fumaderm ist seit 1994 zur Behandlung von mittelschweren bis schweren Formen der Psoriasis vulgaris zugelassen. Seit Januar 2014 ist Dimethylfumarat als Monopräparat unter dem Namen Tecfidera auch zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit schubförmig-remittierender Multipler Sklerose zugelassen.
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