Im August vergangenen Jahres hatte Lilly Anwendungshinweise zu Mounjaro (Tirzepatid) geliefert. Dabei wurde auf die korrekte Entlüftung und die Überfüllung des Kwikpens hingewiesen. Dennoch meldeten Patient:innen eine Blockade des Fertigpens.
Mounjaro enthält den GIP/GLP-1-Rezeptor-Agonisten Tirzepatid. Dieser aktiviert GLP1- und GIP-Rezeptoren gleichzeitig und sorgt somit für eine Senkung des Blutzuckerspiegels sowie des Appetits. Das Arzneimittel ist zugelassen zur Behandlung von Typ-2-Diabetes sowie zum Gewichtsmanagement.
Seit Mitte Mai steht Mounjaro als Kwikpen in verschiedenen Wirkstärken zur Verfügung. Zuvor war das Arzneimittel ausschließlich als Durchstechflasche erhältlich. Jeder Pen enthält jeweils vier Dosen, die einmal wöchentlich appliziert werden. Dafür ist jeweils eine neue Pen-Nadel erforderlich, um ein Verstopfen der Kanüle und das Eindringen von Luft in den Pen zu vermeiden.
Doch die Nadeln liegen den Packungen nicht bei. Dies könne dazu führen, dass Patient:innen die Kanülen nicht bei jeder Anwendung wechseln und den Pen mit aufgesetzter Kanüle lagerten, so die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK). Dies führe dazu, dass Luft leichter in den Pen gelangen kann. Die Folge: Eine erschwerte Entnahme und Begünstigung der vorzeitigen Arretierung des Pens.
Vor der Anwendung sollte der Pen entlüftet werden. Dies ist insgesamt bis zu achtmal möglich. Werden mehr Entlüftungsschritte durchgeführt und übermäßig entlüftet, besteht die Gefahr, dass der Pen vorzeitig arretiert und die Applikation weiterer Dosen nicht möglich ist.
Von Mai bis September 2024 hat die AMK 149 Meldungen zu Verdachtsfällen eines Qualitätsmangels bei Mounjaro-Kwikpen erhalten, alle mit dem Fehlerbild „mechanischer Defekt“. Das Problem: Der Pen blockiert bei der Entnahme der vierten oder bereits der dritten Dosis. Außerdem lasse sich das Dosierrad nicht mehr einstellen.
Nach der Entnahme der vierten Dosis bleibt eine Restmenge zurück. Bei den Patient:innen könne dies den Eindruck erwecken, dass noch eine Dosis aus dem Pen entnommen werden könne.
Laut AMK führt der Hersteller die Meldungen auf Anwendungsfehler zurück. Deren Ursache könnten die Beschaffenheit des Kwikpens sowie das „unübliche“ Dosierungsintervall sein. Im Laufe der Anwendung könne sich das Risiko erhöhen, dass bei den Patient:innen Unklarheit über die Anzahl der verabreichten Dosen bestehe und in der Folge versucht werde, nach der vierten Dosis eine weitere entnehmen zu wollen. In diesem Zusammenhang wird auf den in der Gebrauchsinformation enthaltenen Arzneimittelkalender zur Dokumentation der verabreichten Dosen verwiesen.
Die AMK ging den Meldungen auf den Grund und beauftragte das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) mit der Untersuchung von Reklamations- und Vergleichsmustern. Das Ergebnis: Alle Pens lösten viermal aus und es blieb ein vergleichbares Restvolumen zurück. „Somit konnte kein herstellerbedingtes Qualitätsproblem erkannt werden.“ Dies weise auf Anwendungsfehler hin.
Aufgrund der gehäuften gleichen Fehlermeldungen wird der Hersteller in die Pflicht genommen. Die AMK erkennt „herstellerseitige Faktoren, die potenziell das Auftreten von Medikationsfehlern (hier Anwendungsfehler) bedingen können“ und fordert Anpassungen der Produkteigenschaften.
Apotheken werden gebeten, Patient:innen bei der Abgabe des Arzneimittels über die korrekte Handhabung zu informieren. „Eine sichere Arzneimitteltherapie hängt entscheidend von der richtigen Handhabung des Arzneimittels ab. Besonders bei komplexen Anwendungen, wie z. B. von Pens, ist eine Beratung in der Apotheke vor Ort unverzichtbar, um Anwendungsfehler zu vermeiden“, so der AMK-Vorsitzender Prof. Dr. Martin Schulz.