Lieferengpass

Lanitop: Riemser wartet auf Wirkstoff

, Uhr
Berlin -

Kein Metildigoxin für Riemser: Weil es in Greifswald am Wirkstoff für das Herzmedikament Lanitop fehlt, sitzen Apotheker und Patienten auf dem Trockenen. Der Defekt wird noch einige Monate andauern.

Der Wirkstoffhersteller für Metildigoxin hat die Produktion des herzwirksamen Glykosids eingestellt, daher wird Riemser „mangels Wirkstoff an der Produktion des Arzneimittels gehindert“. Das Unternehmen teilt mit, „umgehend nach der Information des Wirkstoffherstellers mit der Suche nach einer neuen Wirkstoffquelle begonnen“ zu haben und diese auch „bereits identifiziert“ zu haben.

Dennoch werde das Arzneimittel voraussichtlich erst ab Juni wieder lieferbar sein. Eine Meldung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wird vorbereitet. Denn: Die Qualifizierung der alternativen Wirkstoffquelle und die entsprechende Anpassung der Zulassungsdokumentation sind noch in Arbeit. „Evaluierung und Qualifizierung des neuen Herstellers wie auch die Validierung und die Änderung der Zulassung sind allerdings zeitaufwendig“, so das Unternehmen. Man arbeite jedoch „mit Nachdruck am Transferprojekt“.

Patienten könnten dennoch mit Lanitop versorgt werden. „Apotheken können das Medikament über die internationale Apotheke beziehen, da noch Bestände in Belgien und Italien vorhanden sind“, teilt Riemser mit. Ein Austausch auf ein Generikum ist jedoch nicht möglich. Zwar sind andere Digitalis-Präparate am Markt, diese enthalten jedoch Beta-Acetyldigoxin. Eine Umstellung ist nur nach Rücksprache mit dem Arzt und neuem Rezept möglich.

Metildigoxin ist laut Riemser eine „moderne Zubereitung aus Digitalis“ und wird zur Behandlung manifester chronischer Herzinsuffizienz eingesetzt. Das herzwirksame Glykosid besitzt positiv inotrope, negativ chronotrope und dromotrope sowie positiv bathmotrope Eigenschaften. Dadurch kann die Erregungsleitung am Herzen verlangsamt und Herzflimmern und -flattern entgegen gewirkt werden.

Riemser kann als „Profi in der Nische“ bezeichnet werden. Das Geschäft wurde auf Spezialpharmazeutika fokussiert, dort gab es entsprechende Zukäufe. Wichtigster Therapiebereich ist mit einem Umsatzanteil von 30 Prozent die Onkologie; Tepadina (Thiotepa), ein Lizenzprodukt von Adienne, ist in diesem Segment eines der bedeutendsten Produkte. Mit Akynzeo (Netupitant/Palonosetron) hat Riemser ein Supportivum von Helsinn einlizenziert, das noch Patentschutz genießt. Der Bereich Antiinfektiva wird teilweise über Riemsers einzig verbliebene Fabrik in Schiffweiler beliefert, beispielsweise werden hier Tuberkulosemedikamente gefertigt. Der Bereich macht mit Produkten wie Vancomycin, Terizidon oder Eremfat rund 20 Prozent des Umsatzes aus.

Ein weiteres wichtiges Standbein ist mit 15 Prozent Umsatzanteil die Neurologie. Im vergangenen Jahr hatte Riemser die ZNS-Sparte von Dolorgiet übernommen, dazu gehörten das Antidepressivum Anafranil (Clomipramin), das Schlafmittel Staurodorm (Flurazepam) und das Migränepräparat Migränerton (Paracetamol/Metoclopramid). Weitere Indikationen sind Dermatologie (Leioderm, Elacutan, Mykundex) und Kardiologie (Aldactone, Lanitop), auf die je 10 Prozent entfallen. Den Rest des Umsatzes teilen sich Spezialprodukte wie das aus Stierhoden gewonnene Enzympräparat Hylase (Hyaluronidase).

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

APOTHEKE ADHOC Debatte