Jod ist als Spurenelement unerlässlich für die Funktion der Schilddrüse. Dennoch müssen manche Menschen auf die Zufuhr verzichten oder sie zumindest einschränken. Die unbedachte Einnahme kann im schlimmsten Fall eher schaden als nutzen. Deshalb warnen unter anderem die Arzneimittelkommission (AMK) und das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) aktuell vor der eigenmächtigen Einnahme.
Der menschliche Körper kann Jod nicht selbst produzieren und nur begrenzt speichern. Deshalb ist es wichtig, das Spurenelement regelmäßig über die Nahrung zuzuführen. Denn ohne Jod werden keine Schilddrüsenhormone produziert – diese sind essenziell für verschiedenste Stoffwechselprozesse und Funktionen im Körper. Der Bedarf beginnt bereits im Mutterleib, damit Organe und Gewebe reifen und wachsen können.
Oral aufgenommen, gelangt das Jod mit der Nahrung zunächst in den Magen-Darm-Trakt und wird von dort aus resorbiert. Über das Blut wird es schließlich in die Schilddrüse befördert, wo es benötigt und verbraucht wird. In der Schilddrüse werden verschiedene Hormone produziert und ins Blut abgegeben: Besonders wichtig ist die Synthese der Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3). Beide besitzen einen Jodanteil und sind somit auf die Zufuhr angewiesen. Durch die Abspaltung eines Jod-Atoms kann im Körper aus dem weniger wirksamen, aber dafür langlebigeren T4 das kurzlebigere, aber wirkungsstärkere T3 gebildet werden.
Häufig wird für die Schilddrüsenhormone das Gaspedal als Metapher herangezogen:
Der tägliche Jodbedarf variiert je nach Alter. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) gibt die Werte wie folgt an:
Rund ein Drittel, wenn nicht gar die Hälfte der deutschen Bevölkerung, ist nach Schätzungen der DGE nicht optimal mit Jod versorgt. Die Folge eines Jodmangels können Veränderungen der Schilddrüse sein. Besonders häufig kommt es zu einer sogenannten Jodmangel-Struma, welche sich durch eine starke Vergrößerung der Schilddrüse bemerkbar macht. Oft beginnen die Symptome eines Mangels schleichend, sodass er erst spät bemerkt wird.
Am einfachsten ist die Aufnahme über die Nahrung: Zu den wichtigsten Jodlieferanten zählt Seefisch wie Kabeljau, Scholle und Seelachs. Diese sollten mindestens zweimal pro Woche verzehrt werden, um ausreichend Jod zuzuführen. Außerdem sollte jodhaltiges Speisesalz verwendet werden, um Defizite auszugleichen. Weitere Jodlieferanten können Milch, Getreide, verschiedene Gemüsesorten und Eier sein.
Aktuell wird aufgrund der Situation in der Ukraine vermehrt nach Jod-Präparaten gefragt. Das einzige hochdosierte Präparat Kaliumiodid Lannacher mit 65 mg ist bereits vergriffen. Gleichzeitig warnen Expert:innen vor der eigenmächtigen Einnahme von Jodpräparaten ohne ärztliche Anordnung. Denn das Spurenelement kann auch schädlich sein.
„Untersuchungen aus verschiedenen Regionen der Welt zeigen, dass es nach Zunahme der durchschnittlichen täglichen Jodaufnahme zum häufigeren Nachweis von TPO-Antikörpern im Blut als Hinweis auf eine Hasimoto-Thyreoditis und bei sehr hoher Jodaufnahme bei Patienten mit erhöhten TPO-Antikörpern auch häufiger zu einer Schilddrüsenunterfunktion kommt“, erklärt das Deutsche Schilddrüsenzentrum. „Letztlich erlaubt die aktuelle Datenlage aber noch keine abschließende Bewertung darüber, welche genauen Dosen bei welchen Patienten tatsächlich schädlich sind. Patienten mit einer Hashimoto wird allerdings geraten, auf die Einnahme zusätzlicher Jodpräparate oder auf eine einseitige Ernährung mit sehr jodreichen Nahrungsmitteln zu verzichten. Das gilt ganz ausdrücklich nicht für schwangere Hashimoto-Patienten.“
Ohne akute Gefährdung und Anordnung der Behörden in einem Notfall sollten Jod-Präparate nicht eigenmächtig eingenommen werden. Für eine Jod-Blockade bei atomaren Unfällen kann die Einnahme bis zu einer Entfernung von 100 km sinnvoll sein – dabei ist jedoch auch der richtige Einnahmezeitpunkt wichtig. „Nimmt man die Jodtabletten zu spät ein, dann kann radioaktives Jod zuvor von der Schilddrüse aufgenommen werden. Nimmt man die Jodtabletten zu früh ein, dann ist das zugeführte nicht-radioaktive Jod schon wieder ganz oder teilweise abgebaut“, erklärt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV). „Damit die Jodblockade optimal funktioniert, sollte daher den Mitteilungen und Empfehlungen der Katastrophenschutzbehörden unbedingt Folge geleistet werden.“
Hohe Jodmengen können bei einer bereits bestehenden Überfunktion der Schilddrüse problematisch sein: Denn durch die Zufuhr wird die Produktion von Schilddrüsenhormonen weiter angeregt. Normalerweise werden gesunde Zellen durch das Thyreoidea stimulierende Hormon (TSH) gesteuert, sodass nur dann Schilddrüsenhormone produziert werden, wenn sie benötigt werden. „Kranke“ Schilddrüsenzellen geben die Hormone jedoch ungebremst ab, wodurch es zu einer manifesten Hyperthyreose kommen kann. Im Ernstfall droht eine thyreotoxischen Krise, welche mit lebensbedrohlichen Folgen wie neurologischen Ausfällen oder Koma einhergehen kann.
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