Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) hat empfohlen, die Anwendung hochdosierter Cremes mit 100 µg/g Estradiol – das entspricht einer Stärke von 0,01 Prozent – auf einen einzigen Behandlungszeitraum von bis zu vier Wochen zu beschränken. Die neue Einschränkung hat einen steinigen Weg hinter sich.
Die Überprüfung von Estradiol wurde bereits im Jahr 2014 durchgeführt: Die EMA hatte damals Maßnahmen zur Minimierung des Risikos empfohlen, darunter auch eine Anwendungsbegrenzung der Cremes für bis zu vier Wochen. Im März diesen Jahres hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) jedoch die Schlussfolgerungen der Überprüfung aus verfahrensrechtlichen Gründen teilweise für nichtig erklärt: Dies führte dazu, dass einige der zur Risikominimierung getroffenen Maßnahmen außer Kraft gesetzt wurden. Die neue Überprüfung wurde nun vom PRAC durchgeführt, der eine Reihe von Empfehlungen ausgesprochen hat und damit die Einschätzung aus der ersten Bewertung bestätigt.
Durch die Begrenzung des Anwendungszeitraumes soll das Risiko von Nebenwirkungen durch die Aufnahme von Estradiol in den Blutkreislauf minimiert werden, etwa bei der Anwendung von Vaginalcremes zur Behandlung von Symptomen der Vaginalatrophie durch Frauen in den Wechseljahren. Die Empfehlungen beruhen auf verfügbaren Daten über die Sicherheit und Wirksamkeit hochdosierter estradiolhaltiger Cremes, einschließlich Daten über Estradiolkonzentrationen im Blut. Diese Daten zeigten, dass bei postmenopausalen Frauen, die diese Cremes angewendet hatten, die Estradiolspiegel im Blut höher waren als bei solchen, die keine Cremes anwendeten.
Die Aufnahme von Estradiol in die Blutbahn gibt dem PRAC zufolge Anlass zur Sorge, da sie zu ähnlichen Nebenwirkungen führen könnte wie bei der Hormonersatztherapie: Oral oder transdermal angewendete Hormonersatztherapien gehen teilweise mit venösen Thromboembolien, Schlaganfall, Endometriumkarzinom und Brustkrebs einher. Da keine Sicherheitsdaten für die langfristige Anwendung hochdosierter estradiolhaltiger Cremes vorliegen, empfahl der PRAC, dass diese Cremes nur für einen einzigen Behandlungszeitraum von maximal vier Wochen angewendet werden sollten.
Die Verschreibungsinformationen für die betroffenen Cremes werden mit den neuen Empfehlungen aktualisiert: Auf der Außen- und Innenverpackung wird dazu ein Warnhinweis angebracht, dass das Arzneimittel nur für einen einzigen Behandlungszeitraum von bis zu vier Wochen angewendet werden soll. Die Größe der Tube wird auf 25 Gramm begrenzt, um eine längere Anwendung zu verhindern. Linoladiol N ist bereits seit 2015 nur noch zu 25 g erhältlich, die Packung zu 100 g wird seitdem nicht mehr vertrieben. Die PRAC-Empfehlungen werden nun an die Koordinierungsgruppe (CMDh) übermittelt, um eine Entscheidung über ihre Umsetzung zu treffen.
Estradiol wird zur lokalen Behandlung von Estrogenmangelsymptomen in den Wechseljahren verwendet. Für Frauen beginnt etwa ab dem 50. Lebensjahr mit den Wechseljahren eine neue Lebensphase: Das hormonelle Gleichgewicht verschiebt sich, Hitzewallungen, Schweißausbrüche oder Stimmungsschwankungen können die Folgen sein. Eine solche Hormonersatztherapie soll die Beschwerden lindern. Ziel der Behandlung ist es, dem Körper die Hormone zu geben, die ihm fehlen. Für die Hormonersatztherapie sind Mono- und Kombinationspräparate in unterschiedlichen Darreichungsformen auf dem Markt. Zum Einsatz können unter anderem Cremes, Tabletten, Pflaster oder Injektionen kommen.
Im Rahmen der Monotherapie bei Wechseljahresbeschwerden werden lediglich Estrogene ersetzt. Findet eine Kombinationstherapie statt, wird zusätzlich ein Gestagen verabreicht. Dies ist erforderlich bei Frauen, deren Gebärmutter noch nicht entfernt wurde. Die Kombination mit einem Gestagen sorgt für eine Eindämmung der Symptome eines Androgenüberschusses. So wird beispielsweise das Risiko für eine Endometriumhyperplasie reduziert.
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