GMP-Mängel

B-Ware gegen Lieferengpass

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Berlin -

Eigentlich müssten die Apotheken demnächst wieder Arzneimittel aus ihrem Generalalphabet räumen, die in einer nicht den Standards entsprechenden US-Fabrik produziert wurden. Weil es allerdings bei einem Präparat kein Ersatz zur Verfügung steht, bleibt die Ware trotz Bedenken der Behörden auf dem Markt.

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat den Lohnhersteller Pharmaceutics International (Pii) aus Maryland wegen Verstößen gegen die Gute Herstellungspraxis (GMP) gesperrt. Eine Inspektion der britischen Aufsichtsbehörde MHRA und der US-Zulassungsbehörde FDA hatte ergeben, dass Auflagen aus früheren Inspektionen nicht umgesetzt wurden. Dies könne zu Kreuzkontaminationen führen und die Qualität der Produkte beeinträchtigen. Bisher gebe es keine Hinweise, dass mangelhafte Produkte ausgeliefert wurden oder Patienten zu Schaden kamen. Es handele sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme, erklärte die EMA.

Eine verbindliche Entscheidung muss noch durch die EU-Kommission gefällt werden. Folgt die Brüsseler Behörde den Experten, drohen den Apotheken wieder Rückrufe. Betroffen sind hierzulande nur zwei Präparate: Lutinus und Ammonaps.

Lutinus enthält Progesteron und dient zur Unterstützung der Lutealfunktion im Rahmen einer Assistierten Reproduktionstherapie (ART). Das Präparat des Herstellers Ferring wird mittlerweile auf anderen Anlagen produziert und ist daher von der Marktrücknahme nicht betroffen.

Anders sieht der Fall bei Ammonaps aus. Das Präparat mit Natriumphenylbutyrat des Herstellers Sobi wird exklusiv von Pii produziert und soll daher in EU-Ländern, wo keine Alternative verfügbar ist, von der Marktrücknahme ausgenommen sein. Eingesetzt wird Ammonaps als Zusatztherapie bei der Langzeitbehandlung von Stoffwechselstörungen des Harnstoffzyklus. Zu derartigen Erkrankungen gehören Carbamylphosphatsynthetase-Mangel, Ornithintranscarbamylase-Mangel sowie Argininosuccinatsynthetase-Mangel. Der Einsatz ist bei allen Patienten indiziert, bei denen sich ein kompletter Enzymmangel bereits innerhalb der ersten 28 Lebenstage manifestiert hat. Bei Patienten mit einer spätmanifesten Form – inkompletter Enzymdefekt – besteht dann eine Indikation für den Einsatz, wenn in der Anamnese eine hyperammonämische Enzephalopathie besteht.

Sobi erklärte auf Nachfrage, man habe sich den höchsten Qualitätsstandards verpflichtet und erwarte von allen Partnern dasselbe. Es gebe keine Hinweise auf Risiken für Patienten; derzeit suche man nach Möglichkeiten, um Engpässe zu verhindern.

SoliCol D3 (Cholecalciferol) wird ebenfalls exklusiv von Pii produziert, ist aber in der EU noch nicht auf dem Markt und kann unter diesen Umständen auch nicht eingeführt werden. Pii wurde 1994 gegründet und hat 500 Mitarbeiter. Vor Kurzem erst hatte das Unternehmen 93 Millionen US-Dollar Kapital von Investoren eingeworben.

Zuletzt hatte sich die EMA vor zwei Jahren veranlasst gesehen, trotz schwerwiegender Qualitätsmängel bei der Boehringer-Tochter Ben Venue alle Augen zuzudrücken. Anfang 2012 war die auf Sterilia spezialisierte US-Firma wegen schwerer Hygienemängel gesperrt worden; der Lohnhersteller musste aus der Zulassung von 14 Produkten gestrichen werden: Zwei Präparate waren in Europa damals nicht auf dem Markt (Luminity und Vibativ), bei zehn Präparaten (Angiox, Busilvex, Vidaza, Vistide, Velcade, Ecalta, Soliris, Cayston, Mepact und Torisel) wurden schnell andere Lohnhersteller gefunden.

Für die Krebsmedikamente Caelyx (pegyliertes liposomales Doxorubicin; Janssen) und Ceplene (Histamindihydrochlorid, Meda) hatte die EMA die Produktion bei Ben Venue vorerst weiter erlaubt. Der Grund: Die beiden Präparate galten als dringend benötigte Arzneimittel, die nirgends sonst hergestellt werden konnten. Bei Caelyx reichten die Kapazitäten in den neu gefundenen Werken nicht aus, sodass das Präparat später kontingentiert wurde.

Hierzulande gab es zuletzt größere Rückrufwellen, als die indischen Zulassungsdienstleister GVK Biosciences, Alkem Laboratories und Semler Research wegen gefälschter Bioäquivalenzstudien gesperrt wurden. Die Apotheken mussten jeweils Medikamente zurückschicken.

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