Bereits im Juli hatte die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) empfohlen, Gilenya (Fingolimod, Novartis) nicht bei Schwangeren und gebärfähigen Frauen einzusetzen, die keine wirksame Verhütung anwenden. Nun ist die neue Kontraindikation offiziell und die Informationen werden dementsprechend angepasst.
Grund für die Kontraindikation ist das Risiko für angeborene Fehlbildungen bei Föten unter Exposition mit Fingolimod: Daten nach Markteinführung deuten darauf hin, dass Kinder von Müttern mit Fingolimod-Exposition während der Schwangerschaft ein zweifach erhöhtes Risiko für angeborene Fehlbildungen im Vergleich zur beobachteten Rate in der Allgemeinbevölkerung haben. Vor Therapiebeginn und während der Behandlung von Frauen im gebärfähigen Alter muss daher ab sofort sichergestellt werden, dass die Patientin über das Risiko schädlicher Auswirkungen auf den Fötus im Zusammenhang mit der Fingolimod-Behandlung informiert ist und vor jedem Therapiebeginn ein negativer Schwangerschaftstest vorliegt.
Während der Behandlung und bis zwei Monate danach muss eine zuverlässige Verhütungsmethode angewendet werden. Bei einer geplanten Schwangerschaft ist Fingolimod zwei Monate vorher abzusetzen. Falls es unter der Therapie dennoch zu einer Schwangerschaft kommen sollte, muss Gilenya sofort abgesetzt werden und eine medizinische Beratung über das Risiko von schädlichen Auswirkungen auf den Fötus stattfinden. Zudem muss die Schwangerschaft engmaschig überwacht und Ultraschalluntersuchungen durchgeführt werden.
Fingolimod wirkt als funktioneller Antagonist am S1P-Rezeptor der Lymphozten und blockiert so die Migration von Lymphozyten aus den Lymphknoten. Die Folge ist eine entzündungshemmende Wirkung. Die vier wichtigsten Schlüsselparameter der Krankheitsaktivität werden durch Fingolimod positiv beeinflusst: Schübe, MRT-Läsionen, Hirnatrophie und Behinderungsprogression. Der Wirkstoff ist in einer Dosierung von 0,25 mg zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen ab zehn Jahren mit hochaktiver RRMS bis zu 40 kg Körpergewicht zugelassen, ab 40 kg ist eine höhere Dosis von 0,5 mg indiziert. Die Einnahme erfolgt jeweils einmal täglich.
Der durch Fingolimod modulierte Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptor ist während der Embryogenese an der Gefäßbildung beteiligt. Die häufigsten berichteten Fehlbildungen unter Fingolimod betrafen Herz, Nieren, Knochen und Muskeln. Darunter atriale und ventrikuläre Septumdefekte, Fallot-Tetralogie, Nierenanomalien und muskuloskelettale Anomalien. Novartis bittet darum, jede Schwangerschaft bei Patientinnen, die möglicherweise während der Schwangerschaft gegenüber Fingolimod exponiert waren – ab acht Wochen vor der letzten Menstruation – zu melden. Dies ermöglicht es den Patientinnen durch ein intensives Überwachungsprogramm bis zum Ausgang der Schwangerschaft beobachtet zu werden.
Bereits im November 2017 wurden die Kontraindikationen um vier Meldungen erweitert: Die Warnungen bezogen sich auf die Anwendung bei Patienten mit bestehenden kardialen Erkrankungen. Das Risiko schwerwiegender Herzrhythmusstörungen war bereits bekannt. Aus den bisherigen Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen wurden damals Kontraindikationen. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis bleibt weiterhin positiv. Weitere Kontraindikation bestehen seitdem für Patienten mit Myokardinfarkt, instabiler Angina pectoris, Schlaganfall, transitorisch ischämischer Attacke, dekompensierter Herzinsuffizienz oder NYHA-Klasse III/IV.
Im Juli hat der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) den Zusatznutzen von Gilenya für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 bis 18 Jahren mit hochaktiver schubförmig-remittierend verlaufender Multipler Sklerose (RRMS) festgestellt. Die EU-Zulassung für Kinder und Jugendliche hat Gilenya seit November vergangenen Jahres. Basis waren die Ergebnisse der „Paradigms-Studie“. Es handelt sich dabei um eine doppelblinde, randomisierte, multi-zentrische Phase-III-Studie mit einer flexiblen Dauer von bis zu zwei Jahren. Sie wurde an über 80 Zentren in mehr als 25 Ländern durchgeführt. Ziel war die Bewertung der Sicherheit und Wirksamkeit von oral verabreichtem Fingolimod im Vergleich zu Interferon-beta-1a intramuskulär (IFNb-1a i. m.) bei Kindern und Jugendlichen mit einer schubförmigen Multiplen Sklerose.
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