Gerinnungshemmer

Praxbind: Stattlicher Symbolpreis

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Berlin -

Um als Hersteller in Deutschland einen guten Preis zu bekommen, muss man für neue Arzneimittel einen Zusatznutzen zeigen können. Wenn ein Antidot zur Notfallbehandlung auf den Markt kommt, sollte der Zusatznutzen eigentlich außer Frage stehen. Boehringer Ingelheim hat eine stattliche Summe für sein Pradaxa-Antidot Praxbind (Idarucizumab) als „symbolischen“ Listenpreis angegeben.

Mit Praxbind soll die Behandlung mit dem Gerinnungshemmer Pradaxa (Dabigatran) sicherer werden. Boehringer hatte in klinischen Studien eindrucksvoll zeigen können, wie das Antidot die Effekte praktisch wieder aufheben kann. Ab dem 18. Januar soll Praxbind deutschlandweit verfügbar sein.

Seit Sommer kommuniziert der Klinikaußendienst von Boehringer nun die baldige Belieferung mit dem neuen Produkt – zu einem Listenpreis von 2500 Euro. Ein solcher Preis für eine Einmalgabe eines Arzneimittels – das ruft in der Regel schnell Kritiker auf den Plan. Der Konzern hält den Betrag aber für angemessen. Im Vergleich zu anderen Präparaten mit ähnlichen Einsatzgebieten sei der Preis sogar niedrig, erklärt eine Sprecherin.

Ein rekombinanter Faktor VIIa, der ebenfalls bei Problemen mit Pradaxa eingesetzt werde, koste beispielsweise mehr als 6000 Euro. Der endgültige Preis für Praxbind könne je nach Verhandlungen mit den Kliniken durchaus noch weiter sinken. Außerdem plane man, nicht gebrauchte Ware nach Ablauf des Verwendungsdatums kostenfrei zurückzunehmen.

Boehringer weist darauf hin, dass man kein Interesse daran habe, an Praxbind zu verdienen. Der Preis sei eher symbolisch zu sehen. Priorität sei die breite Verfügbarkeit des Produktes. Da es nur einmal und äußerst selten angewendet werden müsse, relativierten sich die Kosten ohnehin.

Noch vor zwei Jahren hatte Boehringer nach der Zulassung von Praxbind in den USA gegenüber dem Handelsblatt angekündigt, das Pradaxa-Gegenmittel zwar nicht kostenlos, aber zu einem günstigen Preis zur Verfügung zu stellen. Auch für die Markteinführung in Europa war eine ähnliche Regelung vorgesehen. Doch offenbar hat man es sich in Ingelheim anders überlegt. Einige Kliniken empfinden den Preis jedenfalls als „Skandal“ und haben dankend abgelehnt.

Boehringer war nach der Einführung von Pradaxa massiv unter Druck geraten. Weltweit waren mehrere hundert Patienten im zeitlichen Zusammenhang mit der Anwendung des Gerinnungshemmers an inneren Blutungen verstorben. 2011 musste Boehringer europaweit einen Rote-Hand-Brief verschicken und Ärzte auffordern, bei nierenkranken Patienten beziehungsweise Patienten im Alter von mehr als 75 Jahren regelmäßige Nierenfunktionstests durchzuführen. Bis dahin waren entsprechende Kontrollen nur aus der Kontraindikation implizit herauszulesen.

Bei den Faktor-Xa-Hemmern ergibt sich ein anderes Bild: Xarelto wird laut Bayer nach der Metabolisierung zur Hälfte renal ausgeschieden, Eliquis einem Pfizer-Sprecher zufolge sogar nur zu gut einem Viertel. Beide Präparate sind wie Pradaxa auch zur Schlaganfallprophylaxe indiziert.

Nicht medizinisch, aber wirtschaftlich drohten die Meldungen für Boehringer zum Problem zu werden: Auch wenn die Prävalenz der tödlichen Blutungen nach Konzernangaben mit einer durchschnittlichen Rate von 63 Fällen pro 100.000 Patientenjahren deutlich unter der Rate aus den Zulassungsstudien blieb, wurden die Rufe nach einem effektiven Antidot lauter. Publikumsmedien wie die Zeit und der Spiegel hatten ausführlich über die Todesfälle berichtet.

In den USA musste der Konzern sogar einen Vergleich über 650 Millionen US-Dollar (rund 470 Millionen Euro) schließen, um 4000 Klagen wegen schwerer und zum Teil tödlicher Blutungen beizulegen. Die Kläger hatten Boehringer vorgeworfen, nicht ausreichend über die Risiken informiert zu haben.

Bei Boehringer fürchtete man, dass Patienten unnötig verunsichert werden könnten: Ein millionenschweres Studienprogramm für ein Pradaxa-Antidot wurde gestartet. Die Ausgaben können durch den Preis bei weitem nicht kompensiert werden, so der Konzern. Zumindest aber könnte es nun aber ruhiger um Pradaxa selbst werden. Das wäre für den Konzern deutlich lukrativer: 2014 hatte das Produkt laut Boehringer einen Umsatz von 1,2 Milliarden Euro erzielt.

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