Generika

BfArM stutzt Liste auf 39 Präparate

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Berlin -

Der vermeintliche Skandal um mangelhafte Arzneimittelstudien aus Indien ist offenbar weniger dramatisch als angenommen: Mehr als die Hälfte der Präparate, die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) für nicht verkehrsfähig erklärt hatte, darf bereits wieder abgegeben werden. Ein betroffener Hersteller kritisiert das Vorpreschen der Behörde und fordert eine Richtigstellung.

Mit jeder Aktualisierung verschwinden weitere Arzneimittel von der Liste der nicht verkehrsfähigen Medikamente, die das BfArM in der vergangenen Woche publiziert hatte. Von den ursprünglich 80 Präparaten gelten noch 39 als nicht verkehrsfähig. Gegen 18 Bescheide haben die jeweiligen Hersteller Widerspruch eingelegt, der aufschiebende Wirkung hat.

Betapharm beispielsweise habe „für sämtliche betroffenen Arzneimittel Widerspruch gegen die Bescheide des BfArM eingelegt“, bestätigt die zuständige Regierung von Oberbayern. Auf der BfArM-Liste standen Clopidogrel vom Mutterkonzern Dr. Reddy's, Levetiracetam, Losartan, Pramipexol und Valsartan.

Die Bonner Behörde hat daraufhin laut Aufsichtsbehörde die Ruhensanordnung zu Clopidogrel aufgehoben. Über den Widerspruch zu den übrigen betroffenen Arzneimitteln sei noch nicht entschieden, so die Regierung. „Hinsichtlich weiterer Maßnahmen von unserer Seite warten wir den Widerspruchsbescheid des BfArM ab.“ Der Aufsichtsbehörde zufolge wird Betapharm unabhängig davon „die Produkte, die im Markt sind (Losartan und Levetiracetam) zurückrufen“.

Schlechter lief es für den Hersteller Panacea und sein Tacrolimus-Präparat Tacpan: Der Aufsicht zufolge hatte das Unternehmen zwar auch Widerspruch eingelegt – das BfArM hatte daraufhin allerdings „die sofortige Vollziehung der Ruhensanordnung angeordnet“. Entschieden ist der Fall aber noch nicht: Panacea „wird nach den uns vorliegenden Informationen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beantragen“, so die Aufsichtsbehörde.

Seit Freitag sind Irbesartan und Irbesartan/HCT von Heumann sowie Levetiracetam von Hormosan von der Liste gestrichen worden. Heumann hatte in der vergangenen Woche gegen alle Bescheide Widerspruch eingelegt. Das BfArM hatte daraufhin die Ruhensanordnung für Venlafaxin-Hartkapseln und Candesartan/HCT-Tabletten aufgehoben. Filmtabletten mit Irbesartan und Irbesartan/HCT standen zunächst noch mit Verweis auf den Widerspruch auf der Liste – sind inzwischen aber auch gestrichen.

13 Zulassungen waren bereits am Freitag wieder freigegeben: Neben Candesartan/HCT und Venlafaxin von Heumann Candesartan/HCT von Liconsa, Clopidogrel von Dr. Reddy's und Dexcel. Der Generikahersteller aus Alzenau kritisiert das Vorgehen des BfArM: „In unserem Fall ist die eingetretene Verunsicherung des Marktes völlig unbegründet und einzig und allein auf mangelnde Sorgfalt auf Seiten des BfArM zurückzuführen“, so Geschäftsführer Henning Hoffmeyer. Das Präparat sei bereits vor längerer Zeit vom Markt genommen worden, Dexcel habe gegenüber dem BfArM auf diese Zulassung verzichtet. Deshalb wurde der Vertrieb Hoffmeyer zufolge bereits im Mai 2013 eingestellt.

Der Hersteller erwartet von der Behörde auch eine öffentliche Reaktion: „Mit Blick auf die verständliche Reaktion von Apothekern, Patienten und aller anderen Betroffenen haben wir das BfArM zur öffentlichen Richtigstellung der irreführenden Veröffentlichung aufgefordert.“ Man lege großen Wert darauf, dass die eigenen Produkte bedenkenlos angewendet werden konnten und können, so Hoffmeyer.

Die Aufhebung begründete das BfArM laut Dexcel damit, dass die im Zulassungsantrag eingereichte Bioäquivalenzstudie nicht von der Firma GVK Biosciences durchgeführt wurde. Deren Studien stehen unter Fälschungsverdacht. „Wir waren befremdet, dass Clopidogrel Dexcel vom BfArM in diesem unglücklichen Zusammenhang genannt wurde, da die Dexcel Pharma GmbH eindeutig nicht involviert war“, so Hoffmeyer.

BfArM-Präsident Dr. Karl Broich erklärte gegenüber der Süddeutschen Zeitung (SZ), dass es durchaus „Gegenwind“ von den Herstellern gebe. „Aber für uns steht nun einmal das Patientenwohl im Vordergrund. Deshalb war die Entscheidung unausweichlich.“ Die Behörde hatte in den vergangenen Tagen allerdings auch betont, dass keine Gefahr für Patienten bestehe.

Trotzdem sollte es schnell gehen: „Wir waren uns mit Frankreich, Belgien und Luxemburg schnell einig: Wir wollten jetzt etwas tun und das Verfahren bei der europäischen Arzneimittelaufsicht EMA nicht ewig laufen lassen.“ Die EMA hat angekündigt, die Prüfung von rund 1250 Zulassungen im Januar abschließen zu wollen.

Die ersten Politiker fordern Konsequenzen: Der SPD-Gesundheitsexperte Professor Dr. Karl Lauterbach sagte dem Spiegel: „Wir sollten überlegen, ob wir Studien auf Schwellenländern überhaupt noch akzeptieren.“ Und Professor Dr. Gerd Antes, Direktor des Deutschen Cochrane Zentrums, kritisierte, dass sich die Kontrolleure der Aufsichtsbehörden den Unternehmen ankündigen, und forderte: „Die Inspektionen müssen bösartig kurzfristig erfolgen.“

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