Arzneimittelmissbrauch

Dextromethorphan: AMK warnt Apotheken

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Berlin -

Im Zusammenhang mit Dextromethorphan gingen in den vergangenen Jahren vermehrt Meldungen von Verdachtsfällen eines Dextromethorphan-Missbrauchs ein. Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) bittet daher das pharmazeutische Personal um besondere Aufmerksamkeit bei der Abgabe – in letzter Konsequenz dürfe sie auch verweigert werden.

Laut AMK wurde der in apothekenpflichtigen Mono- und Kombipräparaten enthaltene Wirkstoff in den vergangenen sechs Jahren am häufigsten mit dem Verdacht auf Missbrauch gemeldet: Bezogen auf den genannten Zeitraum stellen sogar ein Drittel aller Meldungen zu Dextromethorphan Missbrauchsverdachtsfälle dar. Diese stammen überwiegend aus dem süddeutschen Raum. Vor allem männliche Personen – soweit bekannt ein Drittel unter 18 Jahren – verlangten nach Angaben der meldenden Apotheke in auffälliger Weise nach dem zentralwirksamen Antitussivum.

Auffälligkeiten bei der Abgabe können folgende sein: Oft scheint ein Reizhusten nicht gegeben zu sein oder ein wiederholter Bedarf erfolgt in immer kürzeren Zeitabständen. Häufig wird der Kauf mehrerer Packungen auf eine Gruppe verteilt oder auch der Notdienst der Apotheke zum Erwerb der Packungen genutzt. Zur Begründung der Menge werden Besorgungen für Freunde vorgegeben, Alternativpräparate oder Beratungsangebote werden abgelehnt. Oft wird Dextrmethorphan auch zusammen mit anderen Arzneimitteln gewünscht, die ebenfalls missbräuchlich verwendet werden können, wie beispielsweise Diphenhydramin. In Einzelfällen wirken Betroffene zum Teil apathisch, verlangsamt, verwirrt oder zittrig.

Unter den Meldungen, die bei der AMK eingingen, sind nahezu ausschließlich Kapseln als Monopräparat mit Missbrauchsverdacht gemeldet worden. Der wahrscheinliche Hintergrund: Dubiose Anleitungen im Internet empfehlen vornehmlich Kapseln, da sich diese einfach zum Bau einer „DXM-Bombe“ öffnen lassen, die den Inhalt von bis zu 14 Stück enthalten kann. In der Literatur lassen sich auch Fallberichte mit Einmaldosierungen von mehr als 1000 mg finden. Darüber hinaus weisen rund 20 Prozent der Missbrauchsverdachtsfälle auf eine Kombination mit diphenhydraminhaltigen OTC-Arzneimitteln hin. Derzeit ist aus Sicht der AMK noch unklar, ob diese gezielt eingesetzt werden, um beispielsweise additive zentralnervöse Effekte zu erzielen, den Abbau von Dextromethorphan zu verlangsamen oder potentielle Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen zu vermindern.

Dextromethorphan hemmt NMDA- und stimuliert Sigma-1- und 5-HT-Rezeptoren. Es wird rasch resorbiert und unterliegt einem schnellen, umfangreichen, hepatischen Stoffwechsel über CYP2D6. Bereits nach rund 15 Minuten kann die Wirkung einsetzen. Durch die Hemmung von NMDA-Rezeptoren wird derzeit das Abhängigkeitspotential begründet. Bei Überdosierungen besteht ein erhöhtes Risiko für Übelkeit und Erbrechen, Unruhe, Verwirrtheit, Bewusstseinsstörungen, Herzrasen, QTc-Verlängerung, Psychosen mit visuellen Halluzinationen und Übererregbarkeit. Im Falle einer massiven Überdosierung sind Krämpfe, Atemdepression, und Koma beschrieben. Aufgrund des CYP2D6-Polymorphismus ist die Dextromethorphan-Exposition interindividuell sehr verschieden und damit das Risiko für Nebenwirkungen schwer vorhersehbar. Etwa 10 Prozent der Allgemeinbevölkerung sind langsame CYP2D6-Metabolisierer, bei denen vergleichsweise niedrige Dosen bereits zu Hospitalisierungen führen können.

In der Vergangenheit wurden bereits verschiedene Maßnahmen zur Risikoreduktion ergriffen: So wurde die Packungsgröße der Kapsel-Monopräpate reduziert und zuletzt Mitte 2017 die Fach- und Gebrauchsinformationen um entsprechende Hinweise zu Missbrauch und Metabolismus aktualisiert. Aktuell werden erneut die Produktinformationen aufgrund des Risikos der Serotonin-Toxizität angepasst.

Die AMK bittet das pharmazeutische Personal daher weiterhin um besondere Aufmerksamkeit bei der Abgabe von Dextromethorphan-haltigen Arzneimitteln, insbesondere bei Kapsel-Monopräparaten, und erneuert die Empfehlung, Dextromethorphan möglichst nicht an Jugendliche abzugeben – auch die Abgabe an junge Erwachsene ist kritisch zu hinterfragen. Um einem potentiellen Missbrauch entgegenzuwirken, sollten folgende Maßnahmen ergriffen werden: Zunächst sollen konkrete Informationen über die Anwendung und Absichten erfragt werden und über die potentiellen Risiken aufgeklärt werden. Außerdem sollte von der gleichzeitigen Abgabe weiterer OTC-Präparate abgesehen werden, die additive zentralnervöse Effekte verursachen oder mit der Pharmakokinetik von Dextromethorphan interagieren können. Bei der Ablehnung von Beratungsangeboten kann die Abgabe in letzter Konsequenz verweigert werden.

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