Dosierungsfehler

Levomepromazin: Auf den Tropfen kommt es an

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Berlin -

Für Levomepromazin gilt: Tropfen sind nicht gleich Tropfen – ein Austausch von Neurocil (Desitin) auf das Konkurrenzprodukt von Neuraxpharm kann für den Patienten erhebliche Folgen haben. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) warnt vor unbeabsichtigten Überdosierungen.

Bereits seit 2014 erhält das BfArM Meldungen zu Anwendungsproblemen, wenn Neurocil-Tropfen (Desitin) durch Levomepromazin Neuraxpharm 40 mg/ ml Lösung ausgetauscht werden. Die Folge können Medikationsfehler sein, die auf den unterschiedlichen Wirkstoffgehalt eines Tropfens zurückzuführen sind. Denn beide Produkte verwenden unterschiedliche Applikationshilfen. Nehmen Patienten die von Neurocil gewohnte Menge Tropfen ein, wird unbeabsichtigt überdosiert. Umgekehrt drohen zu geringe Dosierungen.

Die verschiedenen Tropfvorrichtungen sorgen bei identischem Wirkstoffgehalt pro Milliliter Lösung für eine unterschiedliche Abgabemenge. Ein Tropfen Neurocil enthält ein Milligramm Levomepromazin – ein Milliliter entspricht 40 Tropfen. Beim Konkurrenzprodukt enthält ein Tropfen jedoch zwei Milligramm Wirkstoff – ein Milliliter entspricht 20 Tropfen.

Werden die Patienten im Falle eines Austausches nicht auf eine Reduktion der Tropfmenge hingewiesen, kann es leicht zu Falschdosierungen kommen. Die Folge kann Somnolenz bis hin zum Koma sein. Anzeichen einer Überdosierung können ebenfalls Verwirrtheitszustände, Herzrhythmusstörungen, Hypotonie, trockene Schleimhäute oder Harnverhalten sein.

Levomepromazin ist ein Psychopharmakon, das zur Behandlung von psychomotorischen Unruhe- und Erregungszuständen, im Rahmen psychotischer Störungen oder akuter Erregungszustände bei manischen Episoden sowie zur Kombinationstherapie bei der Behandlung von schweren und/oder chronischen Schmerzen eingesetzt wird. Das Neuroleptikum verfügt über psychomotorisch dämpfende und sedierende Eigenschaften. Zudem wirkt es analgetisch, antiemetisch und depressionslösend.

Das BfArM kann im geschilderten Fall nicht regulatorisch eingreifen, „da beide Produkte für sich betrachtet jeweils alle gesetzlichen Voraussetzungen zur Kennzeichnung von Fertigarzneimitteln erfüllen“. Weiter heißt es: „Anhand der Bezeichnungen der Arzneimittel ist ebenfalls keine Unterscheidung in der Dosierung der Tropfen zu erkennen, weil sich in der erweiterten Arzneimittelbezeichnung die Stärkeangabe bei Levomepromazin Neuraxpharm korrekterweise auf die Konzentration (40 mg/ml) bezieht.“

Die Behörde bittet bei der Abgabe um „verstärkte Aufmerksamkeit“. Apotheken sollen bei einem Austausch auf eine Anpassung der zu verabreichenden Menge hinweisen. Die Sonder-PZN braucht es nicht, denn für den Wirkstoff gibt es derzeit keine Rabattverträge.

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