Antiepileptika

Bundesregierung: Kein Valproat-Skandal

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Berlin -

Valproinsäure gilt wegen seiner teratogenen Wirkung während der Schwangerschaft als nahezu kontraindiziert. Trotzdem sollen in Frankreich tausende Frauen mit dem Antiepileptikum behandelt worden sein. Die Bundesregierung gibt für Deutschland Entwarnung: Die Situation sei nicht vergleichbar, heißt es in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke im Bundestag.

Valproinsäure ist seit 1967 auf dem Markt; schon relativ früh gab es Meldungen über Nebenwirkungen bei schwangeren Frauen. Im Juli 1983 wurde ein Stufenplanverfahren initiiert; spätestens 2001 wurden laut Bundesregierung Warnungen in die Produktinformation aufgenommen. Seitdem muss der Arzt nach Abwägung von Nutzen und Risiken entscheiden, ob er die Erkrankung während der Schwangerschaft medikamentös therapiert und welchen Wirkstoff er verordnet.

Entsprechend stellt sich die Situation laut Bundesregierung in Deutschland anders da als in Frankreich. Laut Antwort werden valproathaltige Arzneimittel hierzulande deutlich weniger häufig verschrieben. Unter Verweis auf den Arzneiverordnungsreport werden im Durchschnitt pro Quartal rund 140.000 Verordnungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgestellt. Kenntnisse zu Verordnungen im Hinblick auf Anzahl, Geschlecht und Alter der Versicherten oder einzelne Indikationen liegen der Bundesregierung nach eigenem Bekunden nicht vor.

In der Datenbank des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wurden seit 1995 insgesamt 154 Berichte kongenitalen, familiären und genetischen Krankheiten im Zusammenhang mit einer Valproat-Einnahme erfasst. In 87 Fällen wird Valproinsäure als einzige Substanz verdächtigt. In 67 Berichten werden zusätzlich weitere Substanzen, die eingenommen wurden, als verdächtig eingestuft. Ein Kausalzusammenhang zwischen der Einnahme und teratogenen Schäden sei nicht belegt.

Zusätzlich zu diesen 154 Berichten wurden in der Nebenwirkungsdatenbank 35 weitere Fälle identifiziert, in denen von einer Valproat-Exposition durch die Placenta oder während der Schwangerschaft berichtet wurde. „Es liegen keine Informationen über die Kriterien vor, die im Einzelfall zur ärztlichen Therapieentscheidung geführt haben.“

Nach eigenen Angaben hat die Bundesregierung keine Zahlen, wie viele Kinder in Deutschland geboren wurden, deren Mütter während der Schwangerschaft Valproat einnahmen, oder wie viele Menschen in Deutschland durch Valproat im Mutterleib geschädigt wurden. „Quantitative oder vergleichende Häufigkeitsabschätzungen oder Rückschlüsse auf die tatsächliche Anzahl aufgetretener Schädigungen im Zusammenhang mit der Anwendung von Valproat sind aufgrund der Methodik der Spontanerfassung von Nebenwirkungsmeldungen nicht möglich.“ Auch zu möglichen Gerichtsverfahren gibt es keine Kenntnisse.

In Frankreich sollen es die Ärzte mit dem Warnhinweis nicht so genau genommen haben. Einem Untersuchungsbericht zufolge soll das Valproat-haltige Altoriginal Depakine (Sanofi) zwischen 2007 und 2014 an rund 14.000 Schwangere verschrieben worden sein. Laut der Untersuchung sollen diese Frauen 8700 Kinder zur Welt gebracht haben. Die Opfer sollen aus einem Fonds entschädigt werden, der zunächst mit zehn Millionen Euro ausgestattet ist.

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