Nach dem Widerruf des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sind MCP-Tropfen zur oralen Anwendung nur noch in Konzentrationen bis 1mg/ml erlaubt. Solche Präparate sind im deutschen Handel bisher nicht erhältlich, das BfArM muss sie erst zulassen. Der schnellste Weg dorthin führt über das das europäische Zulassungsverfahren der gegenseitigen Anerkennung („mutual recognition procedure“), das sich auf bereits existierende Zulassungen in anderen EU-Staaten stützt.
Die Länder, die das Präparat in diesem Verfahren für die Zulassung bewerten, werden als Referenzstaaten bezeichnet. Sie erstellen eine Beurteilung über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels. Die anderen Staaten setzen ihre eigenen Bewertungen solange aus. Dem fertigen Bericht können die Behörden anderer Länder, im deutschen Fall das BfArM, dann folgen, sie müssen es aber nicht.
Die Bewertung des Referenzstaates kann generell bis zu sieben Monate dauern. Sollte eine Vertriebsgenehmigung aber in dem Referenzstaat bereits vorliegen, wie in diesem Fall, so muss sie innerhalb von 90 Tagen abgeschlossen sein. Da der Rückruf Mitte April erfolgt, wäre man dann bei Mitte Juli.
Allerdings haben die betroffenen Staaten, wenn sie den Bewertungsbericht erhalten haben, wiederum 90 Tage Zeit, um diesen anzuerkennen. Nationale Zulassungen sollten innerhalb von 30 Tagen danach genehmigt werden. Die deutschen Zulassungen könnten also auch erst Mitte November vorliegen.
Referenzstaaten in diesem Fall sind Belgien, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Portugal, Slowenien und Spanien. Nach EMA-Informationen sind in diesen elf EU-Staaten derzeit Präparate mit der MCP-Konzentration 1mg/ml auf dem Markt.
So vertreibt Sanofi die Trinklösung Primperan in Belgien, Griechenland, Luxemburg, den Niederlanden, Portugal und Spanien. Sanofi hat zudem in Italien einen Sirup mit derselben MCP-Konzentration unter dem Namen Plasil auf dem Markt.
In Frankreich bietet Laboratoires Richard die Trinklösung Chlorhydrate de Metoclopramide an. In Großbritannien vertreibt Rosemont Pharmaceuticals die Präparate Metoclopramide Hydrochloride und Maxolon Paediatric Liquid, beide mit jeweils 5mg/5ml.
In Norwegen ist Nycomed Pharma mit Afipran vertreten, in Portugal Laboratório Medinfar mit Metoclopramida und in Slowenien Alkaloid mit Reglan, alle mit einer jeweiligen MCP-Konzentration von 1mg/ml. Schließlich vertreiben Kern Pharma und Pensa Pharma jeweils ein Mittel mit dem Namen Metoclopramida in Spanien, beides Trinklösungen mit 1 mg/ml.
Die Firmen in Deutschland hatten ihre Produkte zurückgerufen, nachdem das BfArM für alle Tropfen mit einer Konzentration von mehr als 1 mg/ml die Zulassung widerrufen hatte. Die europäische Arzneimittelagentur EMA hatte die Dosisbeschränkung im Oktober 2013 empfohlen, Grund waren die bekannten potentiellen Risiken. Die EU-Kommission war der Expertenmeinung Ende Dezember gefolgt.
In Deutschland hat Stada für eine Neuzulassung von MCP in niedrigerer Konzentration bereits einen Antrag gestellt. Die Konkurrenz wird vermutlich ebenfalls reagieren: Auch MCP-Tropfen von Abbott (Paspertin) und Dolorgiet (Gastronerton) sowie die Generika von 1A/Hexal/Sandoz, Ratiopharm/AbZ und Betapharm waren von dem Rückruf betroffen. Es ist zu vermuten, dass die Generikahersteller bereits auf Partnersuche sind.
MCP ist beziehungsweise war in Deutschland zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen wie etwa nach Chemotherapie und bei Migräne zugelassen und wird jährlich 5,7 Millionen Mal von Ärzten auf Kassenrezept verordnet.
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