Die europäische Arzneimittelbehörde EMA prüft die Sicherheit der Saxagliptin-haltigen Antidiabetika Onglyza und Komboglyze (AstraZeneca). Denn nicht die kardiovaskulären Risiken, sondern Infektionen sind offenbar für die geringfügig erhöhte Sterblichkeit verantwortlich. Darauf weist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hin.
Dass Saxagliptin die Sterblichkeit geringfügig erhöht, ist in der Fachinformation dokumentiert. Laut US-Arzneimittelbehörde FDA starben knapp 800 der 16.500 Teilnehmer der sogenannten Savor-Studie (Saxagliptin Assessment of Vascular Outcomes Recorded in Patients with Diabetes Mellitus Study) innerhalb des Beobachtungszeitraums, der auch eine mehr als zweijährige Nachkontrolle umfasste. Einen statistisch signifikanten Unterschied zwischen Verum- und Placebogruppe gab es demnach nicht.
Während der Behandlung könnte der Unterschied aber deutlicher sein: Eine neue Auswertung der FDA, die sich auf den Zeitraum bis sieben Tage nach Medikationsende beschränkte, ergab demnach einen signifikanten oder nahezu signifikanten Unterschied.
Diese Häufung fand sich laut BfArM nicht in den Auswertungen anderer Zeiträume. Am häufigsten verstarben die Patienten der Studie demnach an kardiovaskulären Ereignissen, die laut Hauptergebnis der Studie auch zu 27 Prozent mehr Krankenhauseinweisungen führten. Das numerische Ungleichgewicht bei der Sterblichkeit kam in erster Linie aber durch Infektionen zustande. Am häufigsten waren hier Lungenentzündungen und Blutvergiftungen (Sepsis). Die französische Überwachungsbehörde ANSM berichtet von 46 Fällen unter Saxagliptin und 28 Fällen unter Placebo.
Laut BfArM ist derzeit nicht bekannt, ob es sich bei der Häufung der Todesfälle um einen Zufallsbefund handelt, diese auswertungsbedingt ist oder ob ein Kausalzusammenhang besteht. Die Daten werden auf europäischer Ebene weiter analysiert. Patienten werde geraten, die Behandlung mit Saxagliptin nicht abzusetzen, ohne vorher mit Ihrem behandelnden Arzt gesprochen zu haben, so das BfArM. Ärzte sollten die Sicherheitsinformationen bei der Verordnung und Überwachung der Patienten berücksichtigen.
Saxagliptin hemmt das Enzym Dipeptidylpeptidase 4 (DPP-4), das seinerseits das Glucagon-like Peptid1 (GLP-1) abbaut. GLP-1 stimuliert die Insulinproduktion und senkt die Produktion von Glucagon. Außerdem verstärkt es den Sättigungseffekt. Als erster Vertreter dieser Wirkstoffklasse war im März 2007 Sitagliptin (Januvia, MSD, Velmetia/Xelevia, Berlin Chemie) zugelassen worden. Es folgten im September 2007 Vildagliptin (Galvus/Eucreas, Novartis, Icandra/Jalra, UCB) und 2009 Saxagliptin. Im August 2011 wurde auch Linagliptin (Trajenta, Boehringer/Lilly) zugelassen, ein Jahr später die Kombination mit Metformin (Jentadueto).
Die Gruppe der Gliptine wurde im Rahmen der Bestandsmarktprüfung im Oktober 2013 vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) bewertet; lediglich bei Sitagliptin und Saxaglitpin gab es einen Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen. Vildagliptin wurde kein Zusatznutzen attestiert; Novartis nahm die Präparate daher vom Markt.
Boehringer und Lilly konnten den G-BA auch beim zweiten Anlauf nicht von Lindagliptin überzeugen. Takeda hat die Alogliptin-haltigen Präparate Vipidia, Vipdomet (plus Metformin) beziehungsweise Incresync (Pioglitazon) trotz Zulassung noch nicht auf den Markt gebracht.
AstraZeneca zahlte im März 2014 Bristol-Myers Squibb (BMS) aus und übernahm für bis zu 4,1 Milliarden US-Dollar die weltweiten Rechte für Saxagliptin sowie Exenatide und Dapagliflozin.
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