ADHS

AkdÄ: Leberversagen durch Methylphenidat

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Berlin -

Die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) warnt vor gefährlichen Nebenwirkungen von Methylphenidat. Demnach können sehr selten medikamenteninduzierte Leberschädigungen auftreten, die im Einzelfall bis zum akuten Leberversagen führen können. Der Wirkstoff ist zur Behandlung der Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) bei Kindern ab einem Alter von sechs Jahren indiziert, wenn andere Maßnahmen unzureichend waren.

Die Warnung beruht auf dem Fall eines 16-jährigen Jungen, der nach knapp zwei Jahren Behandlung mit dem Methylphenidat-Präparat Concerta (Janssen-Cilag) Sklerenikterus und epigastrische Bauchschmerzen entwickelte. Kurz darauf zeigte sich eine rasch fortschreitende Leberschädigung. Bei akutem Leberversagen erfolgte schließlich eine orthotope Lebertransplantation. Der Patient konnte in gutem Allgemeinzustand entlassen werden.

Als Ursache des akuten Leberversagens ergaben sich laut AkdÄ keine Hinweise auf Infektionen, Substanzabusus, Autoimmunerkrankungen oder Stoffwechselstörungen. Daher wurde die Dauerbehandlung mit Methylphenidat als wahrscheinlich ursächlich gesehen.

In der Primärliteratur wird bisher nur vereinzelt über Leberschädigungen unter Methylphenidat berichtet. In der Fachinformation werden Leber- und Gallenerkrankungen als unerwünschte Arzneimittelwirkung erwähnt: Demnach treten gelegentlich erhöhte Leberenzymwerte auf sowie sehr selten eine abnormale Leberfunktion einschließlich Leberkoma.

Beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sind 1368 Verdachtsberichte von Nebenwirkungen unter Methylphenidat erfasst. Die meisten gemeldeten Reaktionen betreffen das Nervensystem oder psychiatrische Erkrankungen. In etwa 100 Berichten werden laut AkdÄ Nebenwirkungen an der Leber gemeldet, am häufigsten Erhöhungen verschiedener Leberenzyme. In Einzelfällen werden unspezifische Leberschädigungen oder Hepatitiden berichtet.

Eine Beobachtungsstudie in den USA untersuchte Verdachtsfälle arzneimittelinduzierter Leberschädigungen. Dabei konnte unter 30 pädiatrischen Fällen in einem Fall ein Zusammenhang mit der Einnahme von Methylphenidat herstellt werden. Eine europäische Arbeitsgruppe untersuchte 9036 Fälle von Leberschädigung bei Kindern und Jugendlichen. Dabei war Methylphenidat mit 96 identifizierten Fällen auf Platz 11 der am häufigsten mit Lebertoxizität in Verbindung gebrachten Medikamente.

Die klinische Symptomatik der Fälle umfasst etwa Appetitlosigkeit, Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust, Übelkeit, Erbrechen oder Schmerzen im rechten Oberbauch. Zu den auffälligeren Symptomen gehören Stuhlentfärbung, Dunkelfärbung des Urins und ein Ikterus als Zeichen einer toxischen Hepatitis und Cholestase.

Behandelnde Ärzte sollen laut AkdÄ auf entsprechende Anzeichen achten. Auch sollten Patienten mit bestehenden Lebererkrankungen regelmäßig klinisch und durch Bestimmung der Leberwerte überwacht werden. Methylphenidat sollte ausschließlich gemäß den Voraussetzungen in der Fachinformation verordnet werden. Die Kontraindikationen müssen dabei streng eingehalten und Überdosierungen vermieden werden. Verdachtsfälle sollen mitgeteilt werden.

Neben Impfstoffen hat Methylphenidat laut AkdÄ bei Kindern und Jugendlichen den größten Anteil der gemeldeten Nebenwirkungen. Am häufigsten treten Schlaflosigkeit, Nervosität und Kopfschmerzen auf.

2009 stellte ein europäisches Risikobewertungsverfahren ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis bezüglich kardio- und zerebrovaskulärer Ereignisse und psychiatrischer Erkrankungen fest. Gleiches gilt für Einflüsse von Methylphenidat auf das Wachstum und die sexuelle Reifung. Die Verschreibung wurde nicht eingeschränkt, lediglich die Rahmenbedingungen für die Verordnung des Wirkstoffes wurden konkretisiert.

Methylphenidat ist ein Abkömmling von Amphetamin und Hemmstoff der Wiederaufnahme von Noradrenalin und Dopamin. Es war im Jahr 2013 mit knapp 57 Millionen definierten Tagesdosen das am meisten verordnete Psychostimulans in Deutschland.

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