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Die Mutter des Durchschnittsapothekers

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Berlin -

„Trotz aller Hektik ab und zu bei Mama vorbeischauen.“ Pünktlich zum Muttertag hat Karl-Josef Laumann (CDU), Patientenbeauftragter der Bundesregierung,  den Apothekern klar gemacht, was er auch gesundheitspolitisch von der Gesellschaft erwartet: Zusammenhalt. Apotheken findet er super, überschüssige Euros gehen aber in die Pflege. Die ganze Debatte und noch viel mehr im Rückblick.

Die Apotheke der Welt müsse sich zumindest Teile des Generalalphabets zurückholen, wenigstens die wichtigsten Wirkstoffe. Sagte am vergangenen Wochenende der Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Professor Dr. Walter Schwerdtfeger. Die Industrie dankt mit einem verbitternden Kopfnicken in Richtung Rabattverträge und Preismoratorium für diese Anregung. Aber Schwerdtfeger hat einen Nerv getroffen: Lieferengpässe sind schon akut, Fälschungen werden sich in einem immer globaleren Markt nicht unbedingt leichter verhindern lassen.

Weniger Fälschungen und mehr Lieferungen dürfte es in einem ganz speziellen Markt geben: Der Sildenafil-Absatz hat sich seit dem Patentablauf mehr als verdoppelt. Im März wurden 135.000 Packungen abgegeben. Das freut die Hersteller, die Apotheker und hoffentlich auch die Kunden.

Das aktuelle Testergebnis von Stiftung Warentest wird sich die Versandapotheke Zur Rose vermutlich nicht ins virtuelle Schaufenster hängen: Mit „mangelhaft“ hat der Pick-up-Partner von dm am schlechtesten abgeschnitten – und versteht die Welt nicht mehr. Eigentlich soll gute Beratung das Steckenpferd sein. Vielleicht ist die Erklärung, dass die TÜV Rheinland geprüften PTA zwar sehr gut sind, aber leider nicht mehr für Zur Rose arbeiten. Dass die Versandapotheke trotzdem noch mit ihnen wirbt, könnte beim nächsten Test eine Abwertung bringen – ein Abwärtsstrudel.

Ein schnelles Nachspiel dürfte der Test für Apotheken haben, die sich weigerten, eine Rezeptur anzufertigen. Da spielt es keine Rolle, dass die Kritik an den Methoden von Warentest – Einzelprobe für Dienstleistungen – wächst. Der oberste Kammerpräsident Dr. Andreas Kiefer hat die Briefe schon vorfrankiert, die demnächst von den Landeskammern verschickt werden. Den Apotheken – in der Mehrzahl Versender – drohen zurecht kritische Nachfragen, gegebenenfalls Rügen und Bußgelder. Ob die niederländische Aufsicht auch bei DocMorris vorsprechen wird, wer weiß das schon.

In Heerlen ist man jedenfalls guter Dinge, weil die Rx-Geschäfte gegen den Branchentrend zugelegt haben sollen. Wie viele der angegebenen 3 Millionen Rezepte im vergangenen Jahr mit Ordnungsgeldern wegen illegaler Rx-Boni bezahlt wurden, wird irgendwo im Businessplan stehen. 335 Millionen Euro Umsatz sind jedenfalls eine Ansage – dazu müssen sich hierzulande schon 247 typische Apotheken zusammen tun, oder neu: 178 Durchschnittsapotheken.

Denn die ABDA muss die Apotheker reicher rechnen, als die meisten sind, damit sie von der Politik nicht ärmer gemacht werden, als die meisten aushalten. Und das, obwohl der Gewinn ohnehin schon gestiegen ist. Für 259 Kollegen kommt das statistische Ausweichmanöver zu spät. Was es den Überlebenden bringt, wird die nächste Partie mit Destatis und Philipp Röslers (FDP) Nachfolger Siegmar Gabriel (SPD) zeigen.

Viel vorgenommen hat sich die ABDA jedenfalls: Die Honorarerhöhung von 2013 soll nachgerechnet und korrigiert, neue Belastungen zusätzlich ausgeglichen werden. Einer erneuten Durststrecke von acht Jahren ohne Anpassung wollen die Apotheker vorbeugen, indem die Politik zu einer regelmäßigen Überprüfung gezwungen wird. Beide Vorhaben sind – so viel hat die neue Regierung schon blicken lassen – anspruchsvoll.

Besser stehen die Chancen bei der Rezeptur: Wie beim Notdienst lässt sich Politikern, Beitragszahlern und einer kritisch gestimmten Öffentlichkeit eine angemessene Vergütung in diesem Bereich leichter vermitteln. Bislang bewegt sich die ABDA mit ihren Forderungen jedenfalls ziemlich geschickt zwischen Wirtschaftlichkeit und Gemeinwohlpflicht.

Das ebenfalls geforderte Null-Retax-Verbot dürfte tatsächlich jedem einleuchten, der nicht bei einer Krankenkasse arbeitet. Gerade erst hat die AOK Hessen die Arztnummer als neue Falle entdeckt. Wenn die Politik den Kassen dieses Folterinstrument wegnimmt, hätte der GKV-Spitzenverband im Feilschen um einen neuen Rahmenvertrag ein ziemliches Pfund verschenkt.

Die Apotheker wollen aber noch mehr: Die Importquote soll angesichts immer neuer Originalrabattverträge verschwinden, und für das Inkasso der Herstellerabschläge will die ABDA eine „Kirchensteuer“. Allein es fehlt der Glaube, wenn man Laumanns Botschaft hört: Pflege ist das oberste Gebot, die Regierung hat das gesundheitspolitische Thema für diese Legislatur früh festgelegt, die CDU ihr soziales Gewissen aus NRW zum Bevollmächtigten für Pflege befördert. Da werden sich die Apotheker strecken müssen.

Was sonst noch geschah: Die Bundesländer blockieren nicht mehr die Anerkennung ausländischer Rezepte, sondern die Einführung von Vorschriften, worauf die deutschen Apotheken zu achten haben.

Ratiopharm bekommt noch Geld von MSD, weil das Schutzzertifikat für Cerazette laut Bundespatentgericht doch ungültig war. Bayer übernimmt die OTC-Sparte von Merck & Co. und zieht damit nach GSK/Novartis im globalen Ranking an Johnson & Johnson vorbei. Boots-Chef Stefano Pessina kauft in Südamerika 1400 Apotheken und baut damit sein Netzwerk um 50 Prozent aus.

Vermachtet ist auch der Großhandelsmarkt; das Bundeskartellamt jedenfalls glaubt nicht, dass Abssprachen zu den Konditionenkürzungen in einem solchen Oligopol noch zu beweisen sind. Dafür warnt die ABDA vor dem Newcomer AEP, weil der die bestehenden Strukturen in Gefahr bringen könnte. Das könnte, so die Befürchtung, letztendlich auch die Versprechen der Apotheken gefährden, die gerade mit einer Imagekampagne bekannt gemacht werden.

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