Wer als Hersteller in die Apotheke will, muss seine Produkte in die Taxe aufnehmen lassen. Das von der Informationsstelle für Arzneispezialitäten (IfA) gepflegte Produktverzeichnis darf aber nicht missbraucht werden, um Mondpreise in die Welt zu setzen. Die Wettbewerbszentrale ist erfolgreich gegen einen Kosmetikhersteller vorgegangen, der seine gemeldeten Preise im eigenen Webshop systematisch unterschritten hatte.
Im konkreten Fall ging es um den Hersteller Evertz Pharma, der unter der Marke Biovolen verschiedene Kosmetika vertreibt. Zwar gibt es die Produkte auch bei Versandapotheken und womöglich auch in Apotheken vor Ort. Drei Viertel des Geschäfts laufen aber über den eigenen Webshop. Und selbst hier werden nur 69,90 Euro für einen Tiegel à 100 ml aufgerufen. Durchgestrichen wird ein angeblicher unverbindlicher Verkaufspreis (UVP) von 100 Euro ausgewiesen.
Nachdem schon das Landgericht Frankfurt (LG) dieses Vorgehen verboten hatte, untersagte nun auch das Oberlandesgericht (OLG) die Trickserei. Die Angabe eines UVP, der vom Hersteller selbst dauerhaft unterschritten werde, sei irreführend. Denn der Verbraucher gehe davon aus, dass es sich um einen vom Hersteller „auf Grund ernsthafter Kalkulation ermittelten angemessenen Verbraucherpreis“ handele. Dagegen diene ein willkürlich festgesetzter Fantasiepreis ausschließlich zu Werbezwecken.
Zwar deuteten hohe Handelsspannen noch nicht per se auf einen „Mondpreis“ hin. Entscheidend sei aber, dass Evertz den UVP im eigenen Webshop selbst nie verlangt habe. Insofern half dem Hersteller auch keine Übersicht, nach der in stationären Apotheken eine Preisspanne von 95 bis 113 Euro erzielt wurde.
„Weiß der Hersteller von vornherein, dass der UVP/AVP von vornherein nur bei circa einem Viertel der verkauften Menge überhaupt eine Wirkung entfalten kann – weil er den Rest selbst kontinuierlich erheblich unter dem UVP/AVP – verkauft, kann der gewählte UVP nicht das Ergebnis einer ernsthaften Kalkulation sein, sondern ist vielmehr das Ergebnis einer Mondpreis-Strategie, die eine Rabattierung suggerieren soll, die es in Wirklichkeit so gar nicht gibt.“
Zwar seien Apotheker und Endverbraucher nicht unmittelbar getäuscht worden, da die Preise ja nur gegenüber der IfA angegeben wurden. „Allerdings liegt insoweit eine zweistufige mittelbare Täterschaft vor, da die IfA und die die Daten der IfA nutzenden Apotheker jeweils als vorsatzlose Werkzeuge gehandelt haben und die Beklagte Tatherrschaft hatte, da für sie diese Entwicklung vorhersehbar und steuerbar war.“
Durch die Täuschung könnten Apotheken und Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst worden sein, die sie anderenfalls nicht getroffen hätten, so das OLG. „Durch die Meldung des UVP/AVP werden zum einen die Apotheker veranlasst, den UVP/AVP als Streichpreis zu verwenden, obwohl er nicht das Ergebnis einer ernsthaften Kalkulation ist und auf einem ganz erheblichen Teil des Marktes von vornherein nie verlangt worden ist.“
Den Kunden werde wiederum durch die Streichpreise eine Rabatthöhe suggeriert, die tatsächlich nicht existierte. „Der Verkehr kann daher aufgrund eines zu hoch ausgewiesenen Rabattes zum Kauf der Produkte der Beklagten veranlasst werden.“