Shop Apotheke baut das Deutschland-Geschäft mit der Übernahme von First A aus. Der niederländische Versender steigt damit in den hart umkämpften Markt der Schnelllieferdienste ein, die seit vergangenem Herbst über stationäre Partner-Apotheken OTC- und Freiwahlprodukte innerhalb von kurzer Zeit an Verbraucher:innen liefern.
Das Angebot von Lieferdiensten mit kurzer Wartezeit für die Kundschaft steigt. Das Berliner Start-up Aurora Gesundheit, zu dem First A gehört, verspricht wie Mitbewerber Mayd oder Kurando apothekenpflichtige Arzneimittel und Drogerieprodukte auf Bestellung innerhalb von 30 Minuten an die Haustür zu bringen. Shop Apotheke übernahm alle Anteile von den drei Gründer:innen, die wie das derzeitige Managementteam an Bord bleiben sollen. First A soll auch künftig eigenständig agieren. Der Kaufpreis setzt sich aus einem bei Vollzug fälligen Betrag und Erfolgskomponenten über die kommenden vier Jahre zusammen, die sich insgesamt auf einen voraussichtlich zweistelligen Millionenbetrag belaufen sollen. Über den exakten Kaufpreis haben die Parteien Stillschweigen vereinbart.
Das im vergangenen Jahr von Antonie Nissen, ihrem Bruder Leif Löhde und Florian Swoboda als Start-up gegründete Unternehmen ist nach dem Start in Berlin laut Firmenangaben inzwischen in Köln, Düsseldorf, München und Frankfurt mit einem Team von mehr als 120 Mitarbeiter:innen aktiv. Interessierte Kund:innen müssen die App herunterladen, um innerhalb von 30 Minuten die gewünschten Produkte zu erhalten. Der Start im vergangenen Jahr verlief holprig: Denn das junge Unternehmen präsentierte sich zu sehr als Apotheke. Das Landgericht Berlin (LG) entschied in einem ersten Eilverfahren, dass die Firma sich selbst nicht als Apotheke ausgeben dürfe.
Mit dem neuen Inhaber soll die Expansion in Deutschland und Europa vorangetrieben werden. Die Hoffnungen sind groß: „Erfolgversprechend sind hierbei die neu gebildeten Synergien beider Unternehmen, mit Fokus auf eine schnelle Softwareentwicklung, die Weiterentwicklung des Medikationsmanagement-Services und die Integration des E-Rezepts“, heißt es von First A.
Das Rennen um die Kundschaft ist längst eröffnet. Denn gleichzeitig prescht der Berliner Mitbewerber Mayd mit Millionen für Marketing im Rücken vor und ist derzeit in knapp 20 Städten aktiv. Das Unternehmen will sich nicht nur in Großstädten etablieren, sondern auch den Apotheken in ländlichen Regionen und bald in Österreich Angebote machen.
Gleichzeitig versucht Kurando, neues Kapital einzusammeln. Jüngst dementierte Mitgründer Niklas Spiegel Gerüchte, dass der Betrieb in mehreren Städten eingestellt und mehreren Mitarbeiter:innen gekündigt worden sei. „Wir haben tatsächlich 2 Mitarbeiter entlassen. Das hat aber nichts mit der Finanzierung zu tun“, sagte er. Auch immer mehr Online-Supermärkte wollen in den Apothekenmarkt einsteigen und integrieren wie etwa Wolt mit einzelnen stationären Partnern Apothekenprodukte in ihren Shops.
Auch Shop Apotheke steht unter Druck: Das Unternehmen konnte im ersten Quartal in seinem wichtigsten Markt kaum noch Wachstum erzielen: Der Umsatz im deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz) lag mit 235 Millionen Euro nur 4 Millionen Euro oder 1,7 Prozent über Vorjahresniveau. Vor allem das Rx-Geschäft entwickelt sich stark rückläufig.
CEO Stefan Feltens betonte unlängst, dass die Zusammenarbeit mit Vor-Ort-Apotheken verstärkt werden solle. Denn mit der Einführung des E-Rezepts würden weiterhin „über 90 Prozent“ der Verschreibungen vor Ort eingelöst werden. Die Akquisition von First A sei eine ideale Ergänzung zum Now! Service, der derzeit in 14 Metropolregionen in Deutschland und Österreich verfügbar sei, heißt es bei Shop Apotheke: Die Verbindung von traditionellem E-Commerce mit innovativer digitaler Technologie eröffne neue Perspektiven für die künftige On-Demand-Lieferung von E-Rezepten und stärke zudem die kundenzentrierte Strategie.
Die niederländische Versandapotheke setzt mit der Übernahme auf eine Zwei-Markenstrategie. CCO Stephan Weber sagte: „Durch die strategische Übernahme von First A stärken wir unsere Position als nachhaltige Online-Apotheken-Plattform. Shop Apotheke Europe wird ab sofort mit zwei verschiedenen Marken aktiv sein und nicht nur die Liefermöglichkeiten erweitern, sondern auch alle Use Cases und Zielgruppen innerhalb des Online-Apothekenmarktes abdecken, insbesondere auch mit Blick auf das E-Rezept. Wir können ein breites Spektrum an Synergieeffekten nutzen, um das Potenzial von Shop Apotheke Europe in allen relevanten Märkten in Zukunft noch besser zu entwickeln und zu nutzen.“
Nissen ergänzt: „Eine solche Transaktion ist ein echter Wandel, den es so in der Apothekenbranche noch nicht gegeben hat. Mit vereinten Kräften können wir nicht nur das Know-how von Europas führender Online-Apotheke nutzen, sondern auch unsere europaweite Expansion, die Erhöhung unserer Patientenreichweite und die Umsetzung unserer Gesamtstrategie beschleunigen.“
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