Benzodiazepin-Überdosierungen sind in den USA für eine immer größere Zahl von Todesfällen verantwortlich. Das zeigt eine aktuelle Studie des Albert Einstein College of Medicine in New York. Demnach geht jede dritte letale Medikamentenüberdosis auf die Substanzklasse zurück. Ärzte sollen ihr Verordnungsverhalten überdenken, fordern die Studienautoren.
Mehr als 7000 Menschen sind 2013 in den USA durch Überdosen von Benzodiazepinen ums Leben gekommen. „Die Rate der Todesfälle steigt schneller als die Zahl der Verschreibungen. Das deutet darauf hin, dass Patienten die Medikamente offenbar unüberlegter oder zumindest mit größerem Risiko einnehmen“, erklärt der Hauptautor der Studie, Dr. Marcus Bachhuber.
Das Forscherteam nutzte für seine Analyse Datensätze aus den jährlichen „Medical Expenditure Panel Surveys“, die zwischen 1996 und 2013 durchgeführt wurden. Darin hatten erwachsene Patienten Auskunft über die Art und Häufigkeit ihrer Verordnungen von Benzodiazepinen gegeben. Innerhalb des untersuchten Zeitraumes stieg die Anzahl der Rezepte von 8,1 Millionen auf 13,5 Millionen pro Jahr. Während 1996 noch 4 Prozent aller Befragten angegeben hatte, Benzodiazepine einzunehmen, waren es 2013 bereits 5,6 Prozent.
Die Gesamtmenge der verwendeten Schlafmittel erhöhte sich deutlich stärker als die Verordnungen selbst: Wurden 1996 noch 1,1 kg Lorazepam-Equivalent pro 100.000 Personen verordnet, waren es 2013 schon 3,6 kg – mehr als dreimal so viel. Die Studie zeigte außerdem, dass der Arzneimittelkonsum insgesamt sich in dem Zeitraum deutlich erhöht hatte. 2013 wurden im Durchschnitt 1,4-mal mehr Medikamente verordnet als 17 Jahre zuvor.
Daten der US-Gesundheitsbehörde CDC bestätigen den Trend für die Benzodiazepine: Demnach stieg die Rate der Todesfälle durch Überdosierung von 0,58 pro 100.000 Personen im Jahr 1999 auf 3,07 im Jahr 2013. Der Anstieg scheint seit 2010 nicht mehr ganz so stark zu sein, melden die Wissenschaftler. Eine Ausnahme bilden Personen über 65 Jahre: Hier geht der Trend auch weiterhin deutlich nach oben.
Höhere Dosen, längere Behandlungsdauer und die Kombination von verschriebenen Medikamenten mit – möglicherweise illegal – beschafften Benzodiazepinen machen die Autoren der Studie für die hohe Zahl der Todesfälle verantwortlich. Tödliche Überdosierungen durch die Schlafmittel allein kämen nur sehr selten vor, so die Forscher. Lebensbedrohliche Zustände tauchten vor allem dann auf, wenn die Medikamente mit anderen sedierenden Mitteln wie Opioid-Analgetika oder Alkohol kombiniert würden.
Ärzte und die Öffentlichkeit müssten verstärkt auf die Risiken und Interaktionen aufmerksam gemacht werden, fordern die Autoren der Studie. Benzodiazepine seien zu weit verbreitet, oftmals seien sie nicht die richtige Wahl für die Patienten. Ältere Menschen sollten beispielsweise möglichst keine Benzodiazepine erhalten, da diese das Sturzrisiko deutlich erhöhten. Es gebe in vielen Fällen sichere Alternativen, so die Wissenschaftler. Auf diese sollte verstärkt ausgewichen werden.
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