Arzneimittelsicherheit

Valsartan: Schmidt befürchtet Engpässe

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Berlin -

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt rechnet aufgrund der erfolgten Valsartan-Rückrufe mit Versorgungsengpässen für Bluthochdruckpatienten. Das verunreinigte Valsartan habe einen Marktanteil von rund 40 Prozent. „Das vorhandene Valsartan wird tatsächlich nicht ausreichen, um alle Patienten umzustellen“, sagte Schmidt der Leipziger Volkszeitung (LVZ). Man müsse abwarten, wie schnell die verbliebenen Hersteller mit Produktionsstätten in Europa reagieren könnten.

„Da bin ich nicht sehr optimistisch“, sagte der ABDA-Präsident. Die Konzentration der Hersteller auf wenige Anbieter weltweit habe zugenommen. Vor zehn Jahren wäre der Wirkstoff noch von mehr Produzenten gekommen: „Wir haben auf diesem Gebiet fast schon eine Monopolsituation. Das ist keine gute Entwicklung.“

Laut Schmidt sind auch in seiner Leipziger Seume-Apotheke viele besorgte Patienten gekommen: „Der Tag nach der Veröffentlichung in der LVZ war einer der aufregendsten, die wir in den vergangenen Monaten erlebt haben. Sehr viele Patienten kamen und stellten die Fragen, die sich natürlich aufgedrängt haben.“ Nach dem BfArM-Rückruf am 4. Juli seien rund 100.000 Valsartan-Packungen aus Apotheken in Quarantäne gegangen. Eine direkte Information der Patienten sei nach Einschätzung des BfArM nicht erforderlich gewesen. Schmidt: „Es besteht keine akute Gesundheitsgefahr aus der Einnahme dieser Arzneimittel.“

Der Rückruf sei eine Vorsichtsmaßnahme. In den ersten Untersuchungen sei analysiert worden, dass die festgestellte Verunreinigung des Wirkstoffs Valsartan im Millionstelbereich (Parts per million) liege. „Das hat auch etwas mit den heutigen Untersuchungsmethoden zu tun; vor zwanzig Jahren hätte man das nicht ermitteln können“, so Schmidt. Nun prüfe die Europäische Arzneimittelagentur (EMA), wie viel von dieser Verunreinigung im erheblich verdünnten Fertigarzneimittel beim Patienten ankomme. Der Rückruf ist Schmidt zufolge „im Vergleich auch sehr gut, sehr eindeutig und sehr schnell verlaufen. Das war in der Vergangenheit nicht immer so.“ Die Bundesregierung gehe mittlerweile davon aus, dass 2017 etwa 900.000 Patienten betroffen waren. Der ABDA-Präsident: „Wenn man es in Packungen ausdrücken will, so wurden im ersten Quartal 2018 rund 2,3 Millionen verordnet und 1,1 Millionen von ihnen sind von den Rückrufen betroffen.“

Die Substanz Dimethylnitrosamin werde als potenziell Krebs erregend beschrieben, so Schmidt weiter. Daten lägen nur aus Tierversuchen vor: „Eine akute Gefahr besteht aber nicht.“ Man könne aber nicht sagen, was passiere, wenn Patienten diese Dosierungen über eine lange Zeit hinweg einnähmen. Schmidt: „Das wird jetzt geprüft. Erst, wenn das geklärt ist, fällt auch die Entscheidung, wie es mit der Valsartan-Produktion weitergeht. Das ist nicht alles ganz harmlos, sondern eine schwerwiegende Geschichte.“

Die wiederholte Aufnahme könne dazu führen, dass immer mehr Genschäden entstünden, die schließlich eine Funktionsstörung auslösen, was wiederum zu Krebs führen könne: „Es ist dieselbe Stoffklasse, die auch in verschiedenen tierischen Lebensmitteln zu finden ist. Das beste Beispiel ist die klassische Bratwurst. Auf dem Grill entstehen jede Menge Nitrosamine.“ Die Frage sei, welches Risiko höher sei: Die Medikamente einige Tage weiter zu nehmen oder zu riskieren, dass sich der Gesundheitszustand durch ein Absetzen rapide verschlechtere.

Die Verunreinigung bei Valsartan beruhe auf einer Veränderung des Herstellungsverfahrens bei dem chinesischen Wirkstoffproduzenten. Die Firma habe das Syntheseverfahren geringfügig geändert. Das habe die zuständige Europäische Aufsicht 2013 akzeptiert. Schmidt: „Wir wissen aber nicht, wie viele der deutschen Arzneimittel wann mit diesem Wirkstoff produziert wurden.“ Nach dem Rückruf habe es drei Tage gedauert, bis auch der letzte Arzneimittelhersteller in Deutschland habe sagen können, ob seine Ware betroffen sei.

 

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