Rückrufwelle

Valsartan-Aufzahlung: Das macht dann 95 Euro

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Berlin -

Patienten werden bei Valsartan zweimal überrascht – in negativer Hinsicht. Bislang haben 16 Unternehmen ihre Valsartan-haltigen Arzneimittel zurückgerufen, Apotheker müssen bei der Rezeptbelieferung auf die sicheren Präparate ausweichen. In einigen Fällen wird ein neues Rezept benötigt, in anderen fällt eine enorme Festbetragsaufzahlung an. Patienten laufen Sturm.

Ein Mann aus Nordrhein-Westfalen wird seit vier Monaten mit Valsartan/HCT behandelt. Im Internet erfuhr er von der Verunreinigung mit dem als möglicherweise krebserregenden N-Nitrosodimethylamin (NDMA). Auch sein Präparat steht auf der Rückrufliste, denn der verarbeitete Wirkstoff stammt vom chinesischen Unternehmen Zhejiang Huahai Pharmaceutical. Der Patient wandte sich an den behandelnden Arzt, der das als sicher eingestufte Original Codiovan (Novartis) verordnete.

Soweit, so gut. „Das böse Erwachen musste ich bei der Rezepteinlösung in der Apotheke erfahren. Ich sollte 122,59 Euro für das Arzneimittel bezahlen“, sagt der Heinsberger. „Das ist Betrug am Patienten. Wie kann es sein, dass die Patienten zur Kasse gebeten werden?“ Die Frage sollte die Kasse beantworten. „Ich rief bei der Krankenkasse an, die bestätigte den Betrag mit den Worten, das sei eben so.“

Für Valsartan/HCT 160/12,5 mg liegt der Festbetrag bei 31,75 Euro. Der Preis für Codiovan in der entsprechenden Stärke beträgt jedoch 122,59 Euro. Für den Patienten fällt somit eine Festbetragsaufzahlung von 90,84 Euro an. Hinzukommen 5 Euro für die gesetzliche Zuzahlung, macht unter dem Strich 95,84 Euro, die aus eigener Tasche zu zahlen sind.

Viele Möglichkeiten, an ein bezahlbares Arzneimittel zu kommen, gibt es für den Patienten nicht. Es bleiben einzig Verordnungen über Präparate der Firmen Aurobindo, Mylan dura und TAD, die ebenfalls nicht betroffen sind. Diese Unternehmen beziehen den Wirkstoff aus anderen Ländern – TAD vom Mutterkonzern Krka aus Slowenien, Aurobindo und Mylan dura aus Indien. In den Apotheken werden seit Donnerstag reihenweise Medikamente zurückgerufen, die den blutdrucksenkenden Wirkstoff Valsartan enthalten. Inzwischen steht fest, dass verunreinigte Ware bereits seit Jahren auf dem Markt ist.

Nach Informationen von APOTHEKE ADHOC hat der chinesische Lieferant seine Produktion bereits 2012 umgestellt, möglicherweise um die Effizienz zu steigern und eine höhere Ausbeute zu erreichen. Mit anderen Worten: Seit sechs Jahren könnte hierzulande verunreinigte und potenziell gesundheitsgefährdende Ware auf dem Markt sein. Offiziell äußern wollten sich die Behörden dazu auf Nachfrage nicht: Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) verwies auf das laufende Verfahren, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf die Zuständigkeit der Länderbehörden.

Eine Übersicht mit den betroffenen und nicht betroffenen Präparate zum Download finden Sie hier.
Wie gehen Sie jetzt mit Valsartan um? Beliefern Sie die Rezepte oder rufen Sie die Ärzte an? Bevorraten Sie sich mit Präparaten der Firmen, die nicht betroffen sind? Jetzt mitdiskutieren im LABOR von APOTHEKE ADHOC!

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