Die neue Testverordnung (TestV) sorgt bei vielen Apotheker:innen für Kopfschütteln, Ärger und Frust, denn es kommen neue Dokumentationspflichten auf die Apotheken zu. Bei einem Blick ins Detail fällt aber noch etwas auf: Die BfArM-Liste der abrechnungsfähigen Antigen-Schnelltests ist Geschichte. Die Auflistung wurde an das Paul-Ehrlich-Insitut (PEI) übergeben. Aber auch diese hat keine wirkliche praktische Relevanz mehr. Denn lediglich die EU-Liste muss beachtet werden. Anforderungen an Mindestkriterien und Evaluierungen gibt es trotzdem. Dafür gänzlich raus sind die Speichel- und Poolingtests. Auf Grundlage dieser In-vitro-Diagnsotika kann keine Abrechnung stattfinden.
In den Testzentren sollte es möglichst wenig falsch negative oder positive Ergebnisse geben, daher durften bislang nur solche Schnelltests eingesetzt und abgerechnet werden, die eine Qualitätskontrolle durch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) bestanden und in die Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) aufgenommen wurden. Doch diese Vorgabe gilt nicht mehr.
Laut neuer TestV liegt der Anspruch auf Erstattung dann vor, wenn ein Test von der EU-Liste der zugelassenen Antigenschnelltests genutzt wird. Um eine Erstattung zu bekommen, müssen also keine qualitativen Nachweise mehr berücksichtigt werden. Die Prüfbescheinigung einer Benannten Stelle, über die jeder Hersteller verfügen muss, reicht aus. „Bei der Erstattung von Antigen-Selbsttests wird auf zusätzliche qualitätssichernde Maßnahmen in Form von Mindestkriterien oder Evaluierung verzichtet, da Hersteller für ihre Antigen-Selbsttests über eine Prüfbescheinigung einer Benannten Stelle verfügen müssen“, heißt es in der Begründung. „Benannte Stellen berücksichtigen bei ihrer Prüfung die europäischen Leitlinien der Koordinierungsgruppe Medizinprodukte (MDCG) für SARS-CoV-2 Tests sowie zukünftig bindende Gemeinsame Spezifikationen.“
Die vom Gesundheitssicherheitsausschuss der EU beschlossene Gemeinsame Liste von Corona-Antigen-Schnelltests weist die Sensitivität des jeweiligen Tests aus. Die gelisteten Tests haben also alle bestimmte Prüfungen durchlaufen: Kategorie A beinhaltet Antigentests, die durch prospektive klinische Feldstudien bewertet wurden. In der Kategorie B finden sich Tests, die durch retrospektive In-vitro-Studien evaluiert wurden.
So sieht die aktuelle EU-Liste fest definierte Leistungskriterien für Validierungsstudien vor: Bei symptomatischen Patient:innen muss eine Sensitivität von mindestens 80 Prozent erfüllt werden. Bei unabhängigen Bewertungen nicht ausgewählter Teilnehmer:innen sollten Assays sogar eine Sensitivität von 90 Prozent oder mehr für Probanden mit einem Ct < 25 aufweisen. Generell sollte eine Spezifität von 98 Prozent erreicht werden.
Auch für retrospektive In-vitro-Studien sind Grenzwerte festgesetzt. Auch hier sollte eine Sensitivität von über 80 Prozent beim Testen aller Proben im Referenzpanel erreicht werden. Alternativ sollten die Assays eine Sensitivität von 90 Prozent oder mehr für Probanden mit einem Ct < 25 aufweisen.
Auch für unabhängige Validierungsstudien gibt es definierte Kriterien:
Bereits vor der neuen TestV mussten Apotheken und Teststellen, insofern ein EU-Testzertifikat ausgestellt werden sollte, ein In-vitro-Diagnostikum dieser Liste zur Abstrichnahme einsetzen. Gleichzeitig musste der Test aber auf der Liste des BfArM zu finden sein, da sonst kein Anspruch auf Vergütung bestand. Die letzte Aktualisierung der Liste erfolgte am 10. Juni.
Die gemeinsame EU-Liste enthält nur Tests mit CE-Kennzeichnung. Gleichzeitig muss das Produkt mindestens von einem Mitgliedstaat validiert worden sein. Dabei müssen die Ergebnisse anhand von Nasen-, Rachen- oder Nasen-Rachen-Abstrichen ermittelt worden sein. Tests, die Speichel, Sputum, Blut oder Stuhl zur Ergebnisermittlung nutzen, wurden aus der Liste gestrichen und werden auch nicht mehr aufgenommen. Diese Entscheidung wurde bereits vor einem Jahr getroffen. Auch gepoolte Antigen-Schnelltests und Antigen-Schnelltests zur Selbstanwendung sind nicht aufgeführt.
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