Zyto-Rezepturen

Streit um Open-house-Retax

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Berlin -

Als Exklusivverträge verboten wurden, setzten die Kassen im Bereich der Sterilherstellung zunächst auf Open-house-Verträge. Wer als Apotheke weiter Krebspatienten versorgen wollte, musste den Vereinbarungen beitreten und Abschläge gewähren. Anderenfalls wurde auf Null retaxiert. Das Bundessozialgericht (BSG) muss entscheiden, ob die Kürzungen zulässig waren.

Verhandelt werden zwei Fälle aus Sachsen, in denen Apotheken Versicherte mit Zytorezepturen versorgt hatten, obwohl dazu nur bestimmte Vertragspartner zugelassen waren. Ein Apotheker hatte im letzten Quartal 2016 parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie hergestellt und zu Lasten der IKK classic abgerechnet. Für die Kasse galt aber eine Open-house-Vereinbarung, der Apotheken beitreten konnten. Sie mussten Preisabschläge über die Hilfstaxe hinaus gewähren und waren dann berechtigt, Zytostatika an Versicherte dieser Krankenkassen in den Vertragsregionen abzugeben.

Der Apotheker war dem Vertragsangebot nicht beigetreten. Daher beanstandete die Kasse die zunächst vergüteten Abrechnungen und verrechnete ihre Forderung mit späteren Abrechnungen. Die Apotheke sei mangels Vertragsbeitritts nicht abgabeberechtigt gewesen.

Das Sozialgericht Dresden (SG) wies die Klage auf Zahlung der einbehaltenen Vergütung in Höhe von 44.180,29 Euro nebst Zinsen ab. Das Sächsische Landessozialgericht (LSG) wies die Berufung zurück, da für die streitigen Abrechnungen kein Vergütungsanspruch bestanden habe. Die Apotheke sei zur Abgabe der Zytostatika nicht berechtigt gewesen, weil die IKK classic berechtigt gewesen sei, die Versorgung ihrer Versicherten mit Zytostatika durch einen Open-House-Vertrag zu regeln.

Dass den geschlossenen Verträgen Exklusivität gegenüber den Apotheken zugekommen sei, die nicht beigetreten gewesen seien, folge aus § 129 Sozialgesetzbuch (SGB V) in der damals geltenden Fassung. Das Open-House-Verfahren sei nicht anders zu bewerten als die Einzelverträge, die das BSG bereits für rechtmäßig erklärt habe.

Versorgung außerhalb Gebietslos

Im zweiten Fall ging es um eine ähnliche Konstellation, nur dass hier die Barmer sogar exklusive Zuschläge erteilt hatte. Zwar hatte sich der Apotheker aus Dresden ebenfalls am Vergabeverfahren beteiligt, den Zuschlag aber nur für ein anderes Gebietslos erhalten. Laut Vertrag verpflichtete er sich sogar, in den übrigen Gebietslosen, für die er keinen Zuschlag erhalten hatte, keine Zytostatika abzugeben; auf diese Pflicht wurde er seitens der Kasse mit Schreiben im April und Juni 2017 explizit hingewiesen.

Dennoch rechnete er zwischen Juni und August 2017 Sterilrezepturen ab, die nicht in sein Losgebiet fielen. Die Barmer retaxierte, da er nach den Vertragskonditionen mangels Zuschlags im versorgten Gebiet nicht abgabeberechtigt gewesen sei.

Das SG wies auch hier die Klage auf Zahlung einbehaltener Vergütung von 49.451,82 Euro nebst Zinsen ab, das LSG wies die Berufung zurück. Alle bis zum 12. Mai 2017 geschlossenen Verträge hätten innerhalb einer Übergangszeit bis 31. August 2017 unverändert und uneingeschränkt fortgegolten.

Exklusivverträge im Bereich der Sterilrezepturen waren im Frühjahr 2017 verboten worden; mit Inkrafttreten des Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetzes (AM-VSG) durften wieder alle Apotheken die Versicherten mit Parenteralia versorgen. Einige Kassen schlossen noch schnell neue Verträge und pokerten auf Bestandsschutz. Am Ende musste sich sogar das Bundesgesundheitsministerium (BMG) einschalten. Bei Nichteinhaltung während der Übergangszeit drohte etwa die Barmer sinngemäß mit „Retax bei Wind und Wetter“.

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