Keine Revision vor Bundesverwaltungsgericht

Misch-OHG: Behörde gibt klein bei

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Berlin -

Inhaberinnen und Inhaber verschiedener Apotheken können gemeinsam eine weitere Filiale betreiben. In einem Präzedenzfall hat die Behörde entschieden, nicht vor das Bundesverwaltungsgericht zu ziehen.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Bautzen hatte im August entschieden, dass die Landesdirektion Sachsen (LDS) als zuständige Aufsicht zwei Inhabern aus Leipzig, die jeweils getrennte Apotheken führen, die Erlaubnis zum Betrieb einer gemeinsamen Filiale erteilen muss. Jetzt ist das Urteil rechtskräftig: „Die LDS hat sich entschieden, keine Rechtsmittel einzulegen“, teilt eine Sprecherin auf Nachfrage mit.

Laut Urteil ist nach keiner der bestehenden Vorschriften die Erteilung der beantragten Betriebserlaubnisse für die in Form einer gemeinsamen OHG geplanten Filiale ausgeschlossen. Diese Auslegung sei weder dem Wortlaut noch der Systematik zu entnehmen:

§ 1 Abs. 2 Apothekengesetz (ApoG) schreibt vor, dass jeder, der eine Apotheke und bis zu drei Filialapotheken betreiben will, eine Erlaubnis der zuständigen Behörde braucht. Damit wird zugleich die Anzahl der von einem Betreiber im Verbund betriebenen Apotheken begrenzt.

Nach § 8 Satz 1 und 4 ApoG können mehrere Personen zusammen eine Apotheke in der Rechtsform einer rechtsfähigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) betreiben; in diesen Fällen bedürfen alle Gesellschafter der Erlaubnis.

Laut OVG ist mit „Apotheke“ in § 8 nicht nur eine Hauptapotheke gemeint, sondern auch eine Filiale. Daher lasse sich den Vorgaben nicht entnehmen, dass nur „ein einheitlicher Betreiber“ eine Apotheke und bis zu drei Filialapotheken im Verbund nach § 1 betreiben dürfe. Es sei den Partnern einer OHG gerade nicht ausdrücklich verboten, weitere Apotheken als Einzelkaufleute zu betreiben.

Denn bei einer OHG sei gerade nicht die Gesellschaft als Betreiber anzusehen, vielmehr seien es die jeweiligen Apothekerinnen und Apotheker: „Denn nach Halbsatz 2 gibt es keine Erlaubnis für die OHG, sondern nur für die Gesellschafter; gemeinsame Apotheken werden also nicht von der OHG, sondern von den Gesellschaftern als Erlaubnisinhabern betrieben.“

Damit wird aus Sicht des OVG die Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke und bis zu drei Filialapotheken unabhängig davon erteilt, ob der Antragsteller eine einzige Apotheke oder eine von bis zu drei Filialapotheken allein oder zusammen mit mehreren Personen in der Rechtsform der OHG betreibt.

Konflikte in Kauf genommen

Auch die Entstehungsgeschichte spricht laut OVG für diese Auslegung: Denn Möglichkeit, Apotheken gemeinsam zu betreiben, sei erst nach Zulassung des beschränkten Mehrbesitzes zugelassen worden – „ohne dass der Gesetzgeber nunmehr nähere Regelungen zur Vorbeugung von Interessenkonflikten getroffen hätte“. Solche würden vielmehr „in Kauf genommen“.

Dies entspreche auch der Zielsetzung der Regelung: „Es ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass der gemeinsame Betrieb nur einer OHG-Filialapotheke dem einzelkaufmännischen Fortbetrieb weiterer Apotheken wirtschaftlich per se unzuträglich wäre. Er muss auch nicht potentiell konfliktreicher sein als der gemeinsame Betrieb sämtlicher Apotheken“, zumal die zur persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung auch im Falle des Mehrbesitzes gelte. „Jeder Betreiber wird sich daher nicht nur für die von ihm persönlich geleitete Apotheke verantwortlich fühlen, sondern ein natürliches Interesse daran haben, dass auch die von ihm sonst allein oder als Gesellschafter gemeinsam betriebene Apotheke reüssiert.“

Verantwortung statt Beeinflussung

Die Sorge vor verschachtelten Ketten, wie sie die Aufsichtsbehörde skizziert hatte, teilen die Richter nicht: An der Höchstzahl von bis zu vier Apotheken pro Apothekerin und Apotheker ändere auch eine gemeinsame OHG-Filiale nichts.

Dass in solchen Strukturen, in denen unterschiedliche Inhaberinnen und Inhaber „hypothetisch über eine unbegrenzte Zahl an gemeinsam geführten Filialapotheken“ miteinander verbunden sein könnten, unkalkulierbare Abhängigkeiten entstünden, sehen die Richter nicht als Problem: „Die persönliche Verantwortung des Apothekers hält der Gesetzgeber daher nicht bei jeglicher Beeinflussung durch Dritte, wie sie unmittelbar auch schon beim zulässigen gemeinsamen Betrieb von bis zu vier Apotheken durch andere Gesellschafter gegeben ist, für gefährdet. Erst recht dürfte die persönliche Verantwortung des Apothekers nicht als gefährdet angesehen werden können bei allenfalls mittelbarer Beeinflussung durch die Betreiber einer zwar verketteten Apotheke, die der Apotheker aber nicht mit betreibt.“

Da also – entgegen der Annahme der Vorinstanz, die wie die Behörde zu einer anderen Einschätzung gekommen war – das Mehrbesitz- und Fremdbesitzverbot nicht tangiert sei, sei auch eine Gefährdung der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung nicht zu befürchten. „Da das Vorhaben der Kläger zu keiner Apothekenkette, wie sie der Beklagte beschreibt, führt, bedarf keiner Entscheidung, ob die Arzneimittelversorgung durch eine derartige Kettenbildung gefährdet wäre.“

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