Metamizol/Novaminsulfon Zentiva Tropfen wurden in verschiedenen Chargen vor einiger Zeit zurückgerufen. Grund war eine mögliche Auskristallisation der Lösung am Flaschenhals. Noch immer kommen in den Apotheken aber Packungen weiterer Chargen an, die von einer Auskristallisation betroffen sind. Apotheker Sebastian Heinrich aus der Apotheke Marienbrunn in Leipzig ist verärgert. Seit Wochen und Monaten wird jede einzelne Packung beim Wareneingang geöffnet und geprüft. „Etwa jede dritte Packung muss in Quarantäne.“
Mitte Juli hatte Zentiva über Kristallisationen am Flaschenhals bei Metamizol Zentiva und Novaminsulfon Lichtenstein zu je 500 mg/ml Tropfen zum Einnehmen informiert. Im August folgte der Rückruf verschiedener Chargen. Als einer der möglichen Gründe für eine Auskristallisation nannte der Hersteller die Variabilität der Abmessungen bei Flasche und Tropfer. Diese könnte in Einzelfällen dazu führen, dass zwischen Tropfer und Flaschenhals ein Spalt entstehe. So seien schon vor der Anwendung ein Auslaufen und eine anschließende Auskristallisation der Lösung an der Flasche möglich. Apotheken wurden gebeten, die Flaschen vor der Abgabe zu prüfen.
Das macht das Team der Apotheke Marienbrunn in Leipzig noch immer bei jedem Wareneingang im Backoffice und nicht im HV vor den Kund:innen. „Wir öffnen jede einzelne Packung und prüfen auf Auskristallisation“, so Heinrich. In der Woche wird für die Prüfung etwa eine Stunde aufgebracht. „Es ist unglaublich. Andere Hersteller rufen ihr Produkt chargenübergreifend zurück, weil der Stempel mit dem Verfallsdatum nicht korrekt oder ein Druckfehler in der Packungsbeilage ist. Bei Zentiva sieht man für einen chargenübergreifenden Rückruf jedoch keine Notwendigkeit.“
Etwa jede dritte Packung muss in der Apotheke Marienbrunn in Quarantäne, wird entsprechend der Vorgaben von Zentiva dokumentiert und wartet auf Retoure. „Die Flaschenhälse sind zum Teil völlig verkrustet und die Flaschen lassen sich wenn überhaupt nur mit Gewalt öffnen“, erzählt der Apotheker. Am versiegelten Karton lasse sich nicht erkennen, ob sich Kristalle gebildet haben oder nicht.
Knapp vier Wochen musste Heinrich warten, bis die ersten Flaschen zur Gutschrift angenommen wurden. „Die nächsten Flaschen stehen jedoch bereits zur folgenden Einreichung in der Apotheke.“
Heinrich hat den Fall außerdem bei der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) angezeigt. „Man wisse um das Problem, der Hersteller habe Maßnahmen ergriffen und, ich solle mich bitte mit dem Hersteller in Verbindung setzen und deren Rücksendeformular benutzen. Sollte das Problem weiter bestehen, solle ich mich wieder melden“, fasst Heinrich die Antwort zusammen.
Der Ärger ist groß. Kein Wunder, dass beim Apotheker die Idee aufkommt die Arzneimittel, die bei einigen Krankenkassen exklusiver Rabattartikel sind, von Lager zu nehmen, und für jede Abgabe „pharmazeutische Bedenken“ geltend zu machen und einwandfreie Ware abzugeben. „Die Arzneimittel entsprechen nicht der pharmazeutischen Qualität und ob der Arzneistoffgehalt in der Lösung stimmt, steht auch in den Sternen, denn eine Auskristallisation ist auch nach dem Öffnen möglich.“
Für Heinrich ist es nicht zu erklären, warum kein weiterer Rückruf erfolgt und das Problem nicht gelöst ist. Dazu heißt es von Zentiva: „Leider können wir nicht ausschließen, dass es bei Einzelfällen trotzdem noch zu einer Auskristallisation bei den Flaschen kommen kann.“ Apotheken sollen sich in diesen Fällen jederzeit an den Kundenservice von Zentiva wenden und die Ware über den bekannten Weg retournieren. Normalerweise dauert dieser Prozess keine vier Wochen, so ein Sprecher.
Die Arzneimittel werden in Tschechien produziert. „Unser Werk in Prag hat – in enger Abstimmung mit der Regulierungsbehörde – verschiede Maßnahmen zur Verbesserung vorgestellt und bereits umgesetzt“, so der Sprecher. Unter anderem wurden neue Materialien für Flaschen und Deckel getestet und für gut befunden. „Mit diesen neuen Parametern wurde die Produktion diese Woche wieder neu gestartet. Wir sind daher überzeugt, dass wir mit der neuen Ware die Qualität nochmals deutlich erhöhen konnten.“