Apotheke soll sich raushalten

Inhaberin: „Arzt schreit Patienten wegen pDL an“

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Berlin -

Pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) sind ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal der Apotheken vor Ort im Kampf gegen die großen Versender. Zudem können Medikationsanalysen, Inhalationsschulungen & Co. viel Geld im Gesundheitssystem sparen – so weit die Theorie. In der Praxis müssen Apothekerinnen und Apotheker leider immer wieder feststellen, dass sich einige Ärzt:innen durch das neue Angebot empfindlich in ihrem Kompetenzbereich gestört fühlen. „Ein Arzt hat kürzlich einen Patienten sogar angeschrien, weil er es gewagt hatte, mit einer von uns durchgeführten Medikationsanalyse zurück in die Praxis zu gehen“, erzählt eine Inhaberin.

Ein Diabetiker wendete der Inhaberin zufolge wochenlang Ozempic (Semaglutid, Novo Nordisk) an und litt unter schweren Nebenwirkungen. „Er hatte mit Übelkeit und Erbrechen zu kämpfen“, berichtet auch eine ihrer Angestellten. „Er fragte direkt bei seinem Hausarzt nach, woran dies liegen könne, wurde aber mit seinen Beschwerden nicht weiter ernst genommen.“ Ebenso habe er um eine Überweisung zum Diabetologen gebeten, berichtet sie. „Der Arzt fragte daraufhin, ob der Patient denn seine Kompetenz anzweifle, und stellte keine Überweisung aus.“

Da die Nebenwirkungen immer noch bestanden, wandte er sich vertrauensvoll an seine Apotheke. „Unser Experte, ein in dem Thema promovierter Pharmakologe, hat eine Medikationsanalyse durchgeführt und kam zu dem Schluss, dass die Nebenwirkungen höchstwahrscheinlich auf Ozempic zurückzuführen sind“, so die Inhaberin. Mit dem Ausdruck der Analyse kehrte der Patient zu seinem Hausarzt zurück, um ein weiteres Vorgehen abzusprechen. „Er wurde regelrecht angeschrien. Der Arzt sagte ihm, er habe keine Zeit für solchen Quatsch, und schickte ihn wieder weg“, berichtet die Inhaberin.

Arztwechsel als Folge

Der Patient sei so enttäuscht gewesen, dass er sich in der Zwischenzeit einen anderen Hausarzt gesucht habe, erklärt ihre Angestellte. „Es ist sehr schade, dass es so gelaufen ist, zumal die Patienten ein Anrecht auf pDL haben. Es ist gesetzlich geregelt.“

Die Einstellung des Arztes sei auch ein Grund dafür, dass ihre Apotheke nicht impfe, so die Inhaberin. „Er sagt klipp und klar, das sei Arztsache, und im Notfall könne nur er den Patienten auch helfen.“ Das Problem: „Wir sind mit dieser Filiale recht abhängig von der Arztpraxis“, erklärt die Inhaberin, weshalb sie auch lieber anonym bleiben will. Der Arzt sei der Hauptverschreiber.

Arzt blockt Gespräche ab

Deswegen habe man auch schon das Gespräch gesucht, um das Verhältnis wieder zu bessern. „Er hat uns leider gar keine Gelegenheit gegeben, zu sprechen. Wir sollen uns zurückhalten, am besten nur die Arzneimittel abgeben“, habe es geheißen. Der Arzt blieb dabei: „Unsere Beratung wäre unnötig, wir sollen ihn mit dem Kram nicht belästigen.“

Dabei sei die Sache eigentlich auf Zusammenarbeit ausgelegt. „Wir unterstützen die Arztpraxen mit unseren pDL, denn meist ist gar keine Zeit, den Patienten ihren neuen Inhalator zu erklären oder nach Wechselwirkungen zu forschen“, stellt sie klar. Aber leider seien auch die Arztpraxen in der näheren Umgebung nicht angetan über die pDL in Apotheken.

Insgesamt liefe das Angebot noch eher schleppend: „Wir müssen es intensiv anbieten, wenige wissen überhaupt, dass es diese kostenlose Leistung gibt“, erklärt die Inhaberin. Wenn die Leistung aber erbracht wurde, seien alle begeistert. „Vor allem ältere Menschen können davon profitieren, unser Experte findet eigentlich immer etwas bei der Analyse.“ Deswegen will sie auch weiterhin pDL anbieten. „Wir lassen uns davon nicht unterkriegen. Wir würden auch gerne noch mehr anbieten, es muss aber erst richtig bekannt werden, dass es diese kostenlose Leistung überhaupt gibt“, so die Inhaberin.

Vor allem auch im Hinblick auf die riesige Versenderkonkurrenz: „Bei Online-Bestellungen schicken die Versender auch schon mal Zettel mit, auf denen Wechselwirkungen stehen, aber wer nimmt sich die Zeit und liest das durch“, stellt auch ihre Mitarbeiterin klar. „Ein persönliches Gespräch in der Apotheke ist weitaus effektiver.“

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