NDEA-Kontamination

EMA: Valsartan schon vor 2012 verunreinigt

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Berlin -

Der Valsartan-Skandal weitet sich aus. Laut Europäischer Arzneimittelagentur (EMA) ist das Krebsrisiko aufgrund der Belastung mit N-Nitrosdimethylamin (NDMA) zwar gering. Doch nun wurde die verwandte Substanz N-Nitrosodiethylamin (NDEA) nachgewiesen. Und die sei schon vor 2012 enthalten gewesen. Die Behörde will weitere Informationen liefern.

Neben NDMA untersuche die EMA im Zusammenhang mit Valsartan das potentielle toxikologische Risiko eines weiteren Nitrosamins. Es handelt sich um NDEA, das bereits vor der Umstellung des Herstellungsprozesses im Jahr 2012 in der aktiven Substanz des chinesischen Lohnherstellers Zhejiang Huahai Pharmaceuticals nachgewiesen wurde. Beide Substanzen werden für den Menschen als potentiell kanzerogen eingestuft. „Die Daten zur NDEA-Belastung sind derzeit sehr begrenzt, die EMA wird weitere Informationen zusammentragen, ob der neue Nachweis die Risikobewertung beeinflusst.“

Der Schwerpunkt der Untersuchungen der EMA liegen auf Arzneimitteln, deren Wirkstoff aus der Produktion von Zhejiang Huahai und Zhejiang Tianya stammt, denn für beide Hersteller wurden inakzeptable NDMA-Werte in der aktiven Substanz nachgewiesen und bestätigt. Die EU-Behörden führen nun Inspektionen der Produktionsstätten beider Unternehmen in China durch und sollen die Ergebnisse prüfen. Beide Hersteller sind nicht mehr berechtigt, Valsartan für die EU herzustellen und zu vertreiben.

NDEA ist ein Nitrosamin-Derivat, dem alkylierende, kanzerogene und mutagene Eigenschaften zugesprochen werden. Enthalten ist NDEA in Tabakrauch. Eingesetzt wird die Substanz als Benzin- und Schmiermitteladditiv oder Antioxidans und Stabilisator für Industriematerialien. Die DNA-Integrität wird vermutlich durch Alkylierung beeinflusst. NDEA findet in der experimentellen Forschung zur Induktion der Lebertumorigenese Anwendung. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat NDEA als Karzinogen der Gruppe 2 – möglicherweise für den Menschen krebserregend – eingestuft.

Für NDMA gibt die EMA Entwarnung und hält an der früheren Risikobewertung fest. Das toxikologische Risiko für eine Krebserkrankung wird als „gering angesehen“. Die EMA schätzt ausgehend von 5000 Patienten, die über einen Zeittraum von sieben Jahren täglich mit der höchsten Valsartan-Dosis von 320 mg behandelt werden, dass es einen zusätzlichen Krebsfall geben könnte. Die Annahme basiert auf einer nachgewiesenen Verunreinigung von 60 ppm. Dabei geht die Behörde davon aus, dass auch die in der aktiven Substanz enthaltene Menge Verunreinigung auf das Fertigarzneimittel übertragen wird. Die Schätzung beziehe sich auf den Zeitraum von Juli 2012 bis Juli 2018.

Patienten, die mit einer geringeren Wirkstoffmenge oder über einen kürzeren Zeitraum behandelt wurden, sind laut EMA einem geringerem Risiko ausgesetzt. Das Risiko falle auch für die Patienten geringer aus, die Valsartan von Zhejiang Tianyu, das kleinere Mengen NDMA enthielt, eingenommen haben. Die EMA stützt sich in der Risikobewertung auf eine kürzlich veröffentlichte dänische Studie. Jedoch konnten die Studienautoren keine Dosis-Wirkungsbeziehung nachweisen.

In einer landesweiten dänischen Kohortenstudie untersuchte das Team um Anton Pottegård das Krebsrisiko unter Verwendung von mit NDMA verunreinigtem Valsartan. Die Ergebnisse wurden im British Medical Journal (BMJ) veröffentlicht. In die Kohortenstudie wurden 5150 Patienten – älter als 40 Jahre und ohne Krebsdiagnose – einbezogen. Das Fazit der Wissenschaftler: Die Ergebnisse deuten nicht auf ein deutlich erhöhtes kurzfristiges Gesamtrisiko für eine Krebserkrankung hin. Dennoch bestünden weiterhin Unsicherheiten über das Risiko für einzelne Krebserkrankungen. Es seien weitere Studien über einen längeren Beobachtungszeitraum nötig, um ein langfristiges Risiko ableiten zu können.

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