Normalerweise fordern wir von Politiker:innen, dass sie „die Maske fallen lassen“ sollen, jetzt fordert die Politik dies von uns. Das ist verwirrend, zumal wir sie weiter tragen sollen. Das sagt unsere Stimme der Vernunft, entweder die innere oder Christian Drosten. Apothekenleiter:innen haben aber Hausrecht und dürfen in der Offizin auch strengere Regeln durchsetzen. Hier ein paar Beispiele.
Vorgeschrieben sind Masken jetzt nur noch in bestimmten Lebensbereichen: Beim Besuch der Oma im Pflegeheim und auf dem Weg dahin in der Buslinie 36, aber nicht mehr im Supermarkt, wenn man der Oma eine Tafel Salz-Karamell-Schokolade mitbringen möchte. Außer man ist in einem Hotspot, aber den zu definieren, ist gar nicht so leicht und außerdem Ländersache. Selbst Google ist überfragt. Die Übersetzung von Hotspot ist Hotspot, die Datenbank „Leo“ spuckt die interessanten Lösungen „Gefahrenherd“ und „Schwachpunktbereich“, das poetische „Glutnest“ und die etwas technischere „stationäre Temperaturspitze“ aus.
Einfache Eselsbrücke: Apotheken bleiben unabhängig der regionalen Vorgaben hotte Hotspots. Die meisten Inhaber:innen wollen nicht noch mehr PTA und Approbierte an die absurderweise weiterhin streng geregelte Quarantäne verlieren und halten deshalb an der Maskenpflicht fest. Aber nicht alle. Denn manche sind auch des Diskutierens über „Maulkörbe“ müde oder haben keine Lust, ihrem Kontrahierungszwang damit gerecht werden zu müssen, den „Unbeugsamen“ draußen auf der Straße ihren Blutdrucksenker zu erklären. Den sie wiederum gar nicht bräuchten, wenn sie eine FFP2-Maske nicht unwürdiger fänden als ihr eigenes Benehmen.
Immerhin haben die Apotheken noch ihre Plexiglasscheiben. Und die sollen offenbar vielerorts auch bleiben. So bespuckt wie die abends aussehen, bieten sie recht offensichtlich einen zumindest hygienischen Schutz. Doch das ist trügerisch und die Inhaber:innen sollten sie vielleicht doch lieber abbauen, statt sie in dieser Phase der Pandemie mit einem Scheibenwischer nachzurüsten (s. Abbildung oben). Denn die Scheibe erschwert die Luftzirkulation und die Aerosole sammeln sich.
Was sich dagegen bewährt hat: Die Bevölkerungsgruppe, die jetzt lange Zeit in der Abgeschiedenheit des Home-Office vegetierend verbracht hat, mit einem freundlichen Hinweisschild im Schaufenster an die gängigen Bekleidungsnormen zu erinnern. „In dieser Apotheke gilt die Pflicht zum Tragen einer Hose und einer Mund-Nasen-Bedeckung.“
Vereinheitlicht wurde der Genesenennachweis: Unabhängig vom Impfstatus gilt der jetzt 90 Tage für alle. Ob das sinnvoll oder gerecht ist, weiß ich auch nicht. Mehr Klarheit gibt es jetzt auch beim Testen: Bis zum Juni gibt es Bürgertests, auch wenn die vielleicht dann niemand mehr benötigt. In Bayern hat eine kurzzeitige Verwirrung dazu geführt, dass Eltern die Apotheken gestürmt haben – eine von diesen Pandemie-Anekdoten.
Was es bis zum Juni nicht geben wird, ist eine E-Rezept-Pflicht. Aber es geht voran: Gematik-Chef Dr. Markus Leyck Dieken hat auf der VISION.A einen bemerkenswert offenen Vortrag gehalten und dabei auch angekündigt, dass im Herbst die nächsten großen Schritte folgen könnten. Überhaupt war die Zukunftskonferenz in diesem Jahr besonders spannend, denn mit den CEOs von Shop Apotheke, Apo.com und Mayd waren auch drei Branchenpromis zu Gast, die den Markt nachhaltig verändern wollen.
Die Kapitalmacht, mit der die Angreifer sich auf das sich nähernde E-Rezept stürzen wollen, macht auch in den Reihen der Apotheken Eindruck. Aber auch die sind nicht allein: Die Noweda will bei ihreapotheken.de Partner an Bord holen und ist in Gesprächen mit Burda vertieft. Der Medienkonzern ist zwar nicht apothekeneigen, hat aber einen publizistischen Punch, von dem ganz apothekeneigene Lösungen nur träumen können. Noweda-Chef Dr. Michael Kuck verspricht aber, dass die Apotheken immer Herr im eigenen Haus bleiben werden. Viele Videos und Interviews zur Konferenz gibt es hier in der Playlist sowie eine Zusammenfassung in unserem Podcast NUR MAL SO ZUM WISSEN (auch als Video).
Die vielen hundert Teilnehmer:innen im Livestream haben statt Eintrittsgeld für die Ukraine-Hilfe gespendet – zum Beispiel an die Apotheker ohne Grenzen. Vielen Dank im Namen des gesamten Teams von El Pato!
Das Gesundheitsministerium der Ukraine hat mit deren Zustimmung das Foto einer im Krieg verletzten Apothekerin veröffentlicht, die vor Ort weiter die Versorgung aufrecht erhält. Manchmal sind es diese Einzelschicksale und Bilder, die das Leid der Menschen besser begreiflich machen. Deswegen an dieser Stelle noch einmal abschließend der Appell: Bringen Sie sich weiter ein, wie diese tolle Kollegin, die eine ukrainische Familie bei sich aufgenommen hat. Das kann nicht jeder leisten, aber spenden, demonstrieren und helfen wo es geht. Danke und schönes Wochenende!
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