ApoRetrO Jahresrückblick 2019

2019 – ein tolles Jahr für Apotheker

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Berlin -

Was wird aus dem Jahr 2019 in Erinnerung bleiben – vielen Apothekern und ihren Kunden vermutlich vor allem die wiederkehrenden und andauernden Lieferengpässe. Auch berufspolitisch lief nicht alles immer so wie gewünscht. Aber so kurz vor dem Ende des Jahres: Wäre es da nicht schön, sich rückblickend auf das Gute und Schöne zu besinnen, das den Apothekern passiert ist, wofür sie stehen oder wofür sie zumindest immer weiter kämpfen? Der Versuch eines durch und durch positiven Rückblicks.

Januar

Die Apotheker wehren sich gegen den Vorschlag aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG), Rx-Boni nur zu deckeln, verbunden mit dem sehr wackeligen Ansinnen des Gesetzgebers, den Marktanteil ausländischer Versandapotheken zu begrenzen. Das erste Paket von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wird versenkt. Zwar verzichten die Apotheker damit auch auf eine Finanzspritze in Höhe von 375 Millionen Euro, müssen sich aber zumindest nicht den Vorwurf gefallen lassen, sich kaufen zu lassen.

Ende 2019 ist ein Rx-Boni-Verbot noch immer im Rennen, die Gerichte schließen das für den PKV-Bereich aus – Stichwort Mogelquittungen. Und Spahn hat Teile seines Gesetzes vorgezogen und mehr Geld für Notdienste und BtM-Dokumentation locker gemacht. Heißt: Höheres Honorar für dieselbe Leistung. Mehr Geld für zusätzliche Aufgaben ist im Bereich der pharmazeutischen Dienstleistungen drin.

Februar

Securpharm wird scharf gestellt. Ein riesiges EU-weites Projekt zur Erhöhung der Arzneimittelsicherheit. Mit Kinderkrankheiten, technischen Schwachstellen und inhaltlichen Lücken – aber von der Branche weitestgehend geräuschlos gestemmt und umgesetzt. Zum Glück wurden die Verantwortlichen bei der EU rechtzeitig überzeugt, dass die Ware nicht zu einem Stichtag komplett ausgetauscht werden muss – ja, das war tatsächlich zwischenzeitlich angedacht –, sodass die Umstellung nach und nach erfolgen kann. Der Kunde merkt fast nichts, die Aufreger in der Apotheker wegen vereinzelter falsch gedruckter QR-Codes interessieren auf der anderen Seite des HV-Tischs niemanden. Die Apotheker haben zusammen mit Softwarehäusern, Herstellern und Großhändlern einen Beitrag zur Arzneimittelsicherheit geleistet.

März

In der Hauptstadt demonstrieren die Apotheker. Rund 400 Menschen beteiligen sich an dem Protestmarsch, die Polizei legt Knotenpunkte der Berliner Innenstadt lahm. Die Apothekengewerkschaft Adexa beteiligt sich an der Kundgebung, die Bundestagsabgeordnete Sylvia Gabelmann (Die Linke) schickte ein Grußwort. Mehr geht immer, meinen die Kritiker, aber die Demo hätte nicht für mehr Aufmerksamkeit gesorgt, wenn sie nicht stattgefunden hätte. Die Beteiligten wirkten jedenfalls mehr befreit als machtlos – sie haben sich bewegt.

April

Eine neue Apothekenzeitschrift kommt auf den Markt: Noweda und Burda bringen MyLife in die Apotheken. Das Erfolgsmodell Apotheken Umschau wird anerkennend kopiert, das Image der Rentner-Bravo etwas abgelegt. Die Apothekeninhaber haben jetzt die Qual der Wahl oder können ihre Kunden doppelt beglücken. Dass die Apotheker und ihre Verbündeten aus eigener Kraft und in Zeiten siechender Printproduktionen einen solchen Zweikampf präsentieren, kann anderen Branchen nur Respekt abnötigen.

Und selbst so negativ aufgeladene Themen wie die massiven Engpässe – etwa der Totalausfall bei Valsartan-Generika im Frühjahr – kann man positiv sehen: Mit immensem Einsatz, viel Geduld und Kreativität haben die Teams in den Apotheken Lösungen gesucht und gefunden, die Patienten irgendwie versorgt. Wird ihnen das immer angemessen gedankt? Eher nicht. Aber angemessen dankbar für das, was wir haben, sind wir alle nicht. Und der Lieferengpass ist immer zuerst der Engpass des Patienten. Dass die Apotheker und PTA sich den Mangel selbst zu Herzen nehmen, spricht einfach für sie.

Mai

Die Zahl der Apotheken ist auch 2019 weiter gesunken, an dem Trend ist nichts schön zu reden und nur wenig tröstlich ist es, dass es dem Einzelhandel insgesamt viel schlechter geht. Die beim Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbands (DAV) im Mai präsentierten Zahlen zeigen aber auch, dass die Apotheker auch unter womöglich schwierigeren Bedingungen erfolgreich arbeiten: 143.885 Euro Betriebsergebnis im Durchschnitt sind ein neuer Rekordwert. Die hohen anteiligen Personalkosten sprechen auch für die Bedeutung der Unternehmen mit Blick auf Arbeitsplätze in der Fläche.

Und in puncto Versorgung und Prävention sind die Apotheken vor Ort der Politik sowieso oft schon einen Schritt voraus. Während Spahn noch an Grippeimpfprojekten in Apotheken herumdoktert, checkt eine Apothekerin die Impfpässe ihrer Kunden, klärt auf und verweist an den Arzt. Impfquote erhöht, Patient beruhigt. Das müssten jetzt nur noch die Kassen verstehen und solche Checks bezahlen – vielleicht statt Homöopathie?

Juni

Der Bundesgerichtshof (BGH) verhängt ein absolutes Boni-Verbot. Streng genommen dürfen Apotheker auch keine Taschentücher mehr in die Tüte werfen, wenn der Kunde ein preisgebundenes Arzneimittel bezieht. Und eine Apothekerkammer warnt auch genau davor. Was auf den ersten Blick sehr kleinkariert und lebensfremd klingt, ist bei zweitem Hinsehen ein gutes Signal für die Apotheken: Die deutschen Gerichte nehmen die Preisbindung für Arzneimittel nach wie vor ernst und sind bereit, sie zu verteidigen. Und auch künftig gilt: Wo kein Kläger da kein Richter. Ob 2020 tatsächlich Apotheker verklagt werden, die einem Kind Traubenzucker mitgegeben haben, während seine Mutter (oder sein Vater) den Fiebersaft kauft? Eher nicht. Apotheken dürfen kundenfreundlich sein. Also eigentlich alles beim Alten, die Rx-Boni-Front verläuft an einer anderen Grenze.

Juli

Der neue Rahmenvertrag (s. unten Teil 1-9) ist in Kraft getreten. Damit wurden den Krankenkassen einige Anlässe für Retaxationen genommen. Auch wenn an dem Vertragswerk mit Sicherheit nicht alles perfekt ist, kann man zwei Dinge positiv konstatieren: Kassen und Apotheker haben sich endlich auf einen neuen Vertrag geeinigt, was sicherlich keine leichten Verhandlungen sind und noch im Verlaufe des Jahres wurden Schritte unternommen, bei unglücklichen neuen Regelungen nachzubessern. Die Anrufe in den Praxen werden wieder zurückgefahren.

August

50 Prozent der Umsätze sollen Apotheken künftig über Plattformen machen. Das erwartet zumindest Noventi-Chef Dr. Hermann Sommer. Zusammen mit dem Wort & Bild Verlag, Gehe, Sanacorp und Rowa ist Noventi die Initiative Pro AvO. Die besagte Plattform gibt es zwar noch nicht, aber spätestens mit der Einführung des E-Rezepts will die Initiative „ready“ sein. Noweda und Burda sind schon einen Schritt weiter und der DAV glaubt nach wie vor an seine Chance, beim E-Rezept von der Politik eine Vorzugsbehandlung zu bekommen. Ja, das E-Rezept kommt spät, aber die Apotheker haben viele und gute Partner an ihrer Seite, die sie bei der Umstellung begleiten. Wenn der Gesetzgeber mitspielt, kann auch die erhöhte Gefahr der Zuweisung an Versandapotheken gebannt werden. Und die elektronische Verordnung bringt zweifellos auch für Apotheken eine Menge Vorteile mit sich.

Vor dem Bundesgesundheitsministerium übergibt Pharmaziestudent Benedikt Bühler die Unterschriften seiner Petition. Mehr als 400.000 Stimmen haben er und seine Mitstreiter gegen das Rx-Versandverbot sind zusammengekommen. Zwar wird der Gesetzgeber der Forderung nach menschlickem Ermessen nicht mehr nachkommen, aber der angehende Apotheker hat bewiesen, dass man mit viel Einsatz etwas bewergen kann. Die Großhändler Noweda und Fiebig verantworten einen Gutteil des Erfolgs.

September

Beim Deutschen Apothekertag in Düsseldorf war Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu Gast. Im Vorfeld hatte sich eine Revolte zusammengebraut und tatsächlich wurde beim DAT – beflügelt vom Bundesratsbeschluss – der Antrag gestellt, das Rx-Versandverbot zu fordern. Spahn hat das in der ihm eigenen Art zwar abgebügelt. Aber die Debatte ist sachlich geblieben und die Apotheker haben sich für einen Kompromiss zusammengerauft. Hier wird man erst später sagen können, ob das ein gelungener Warnschuss war oder die Politik nur verärgert hat und im zweiten Schritt, ob das zähe Ringen um das Apothekenstärkungsgesetz den Apothekern geschadet oder sein Nichtinkrafttreten sie vielleicht sogar stärkt.

Die parallel zum DAT stattfindende Expopharm war nicht weniger spannend. Digitalisierung war das beherrschende Thema. Den größten Stand hatte Noventi, den schönsten PTA IN LOVE.

Oktober

Was soll man Positives über einen umfangreichen Betrugsskandal wie diesen sagen, der vor dem Amtsgericht Nordhausen verhandelt wurde? Höchstens, dass es zumindest nur um Geld ging und keine Menschen zu Schaden kamen und dass das Ganze in seinen absurden Details eine recht unterhaltsame Geschichte war. Trotzdem raten wir von Nachahmer-Taten dringend ab. Vor allem: Mit der Securpharm-Einführung müssen solche Betrugsmaschen künftig mit noch mehr Aufwand betrieben werden.

November

Eine Krankenkasse gibt einem ihrer Versicherten den Tipp, Arzneimittel bei Versandapotheken zu bestellen. Riesen Aufreger? Nein. Auf Nachfrage stellte ein Sprecher der Kasse klar, dass es sich dabei um ein Versehen und einen Einzelfall gehandelt habe. Schön: Früher haben die Kassen noch Versender empfohlen, heute tun sie es nur noch, wenn ein Mitarbeiter versehentlich abgelaufene Textbausteine bei der Brieferstellung verwendet. Hoffen wir alle für 2020, dass sich das mit dem E-Rezept nicht erneut ändert.

Spahn hat zwar in seinem Rezeptmakelverbot – sicherlich unbewusst – eine Lücke gelassen, namentlich die nicht beachtete Einschaltung Dritter. Doch dem Bundesrat ist das nicht entgangen und der Gesetzgeber wird hier hoffentlich noch nachbessern.

Dezember

Zwei große Meldungen beherrschen die Vorweihnachtszeit: Die geplante Fusion von Alliance und Gehe im deutschen Großhandelsmarkt und der neue Zytoskandal mit Schwerpunkt Hamburg. Was die Großhändler betrifft, wittern vor allem die Genossenschaften ihre Chance, the German Angst gegenüber dem neuen Riesen aus den USA zu schüren. Da auch Phoenix seinen Platzhirschrang wird verteidigen wollen, drohen den Apothekern wohn in nächster Zeit keine Konditionenkürzungen. Für die Beschäftigten in etlichen Niederlassungen der beiden neuen Partner bedeutet die Meldung dagegen vermutlich nichts Positives.

Noch ist niemand verurteilt, aber der Umfang und die jahrelange Vorarbeit des Polizeieinsatzes lassen vermuten, dass am Zytoservice-Skandal mehr als nur etwas dran ist. Wenn sich die Vorwürfe erhärten, ist zumindest gut, dass die Betrügereien aufgeflogen sind und jetzt aufgeklärt werden.

Und auch wenn 2019 wieder mehr Apotheken schließen mussten als neu eröffnet wurden, gibt es eben auch viele positive Geschichten von mutigen Gründern und besonders engagierten Kollegen. Sie sind die Positivbeispiele auch für den Nachwuchs. Die Redaktion von APOTHEKE ADHOC wünscht allen Leserinnen und Lesern ein glückliches, gesundes und erfolgreiches neues Jahr. Bleiben Sie uns gewogen!

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