Im Bereich der Sterilherstellung entsteht ein neuer Branchenriese: Zytoservice übernimmt die verbliebenen Standorte seines Konkurrenten GHD. Damit geht der Hamburger Herstellbetrieb erstmals vom Konzept der zentralen Produktion ab und sichert sich neue Kunden in ganz Deutschland.
GHD hatte in den vergangenen Jahren mehrere Herstellbetriebe aufgekauft: Medinal in Greven, AdHibis in München, Oncosachs aus Leipzig, Oncotrade in Haan und RS Pharma aus Berlin. Der Verbund firmierte unter dem Dach Profusio und hatte sich massiv für Ausschreibungen eingesetzt.
Mit dem Verbot der Exklusivverträge hatte GHD das Interesse am Markt verloren. Bereits im vergangenen Jahr wurden Vorbereitungen getroffen, um die Sterilherstellung vom Homecare-Segment abzuspalten. Stattdessen wurde vor einigen Monaten das Geschäft in Berlin an Medios verkauft – der aus der BerlinApotheke hervorgegangene Herstellbetrieb war im vergangenen Jahr an die Börse gebracht worden.
Nun stößt GHD auch die Standorte in Haan, München und Leipzig ab. Nur die Sterillabore in Greven sowie die erst im vergangenen Jahr übernommene Produktion von Alphamade in Berlin bleiben bei GHD. Hier will sich das Unternehmen auf die Herstellung von patientenindividuellen Lösungen für die parenterale Ernährung und für spezielle Infusionstherapien konzentrieren.
Beabsichtigt ist, dass GHD und Zytoservice „intensiv zusammenarbeiten, sich gegenseitig fördern und ihre Fachkompetenz gemeinsam nutzen, um die bestehenden Herstellungskapazitäten optimal auszulasten“. Ziel sei es, die bestehenden Arbeitsplätze zu sichern und weiter auszubauen. Beobachtern zufolge könnte die enge Kooperation angesichts der bisherigen Historie auch eine Herausforderung werden.
„Selten bietet eine solche Vereinbarung für beide beteiligten Unternehmen so große Zukunftschancen“, so GHD-Chef Andreas Rudolph. „Mit dieser Vereinbarung können beide Unternehmen in ihren Stärken wachsen und ihre jeweilige Marktbedeutung ausbauen. Für uns ist die ganzheitliche, ambulante Versorgung von Patienten in ihrer Häuslichkeit der zentrale Dreh- und Angelpunkt. Hier können wir mit qualifizierten Personal die Menschen mit allem Notwendigen – also von der patientenindividuellen Ernährung bis hin zur Gehhilfe – als Komplettanbieter und mit hoher Kompetenz und Qualität versorgen. Nach meiner Überzeugung wird in der Zukunft in diesem Bereich die Komplettversorgung ‚aus einer Hand‘ immer wichtiger und der entscheidende Marktvorteil sein.“
„Wir von ZytoService haben jetzt die einmalige Gelegenheit, unsere Herstellungskapazitäten im Bereich der Zytostatika-Herstellung so auszuweiten, dass wir mit den zusätzlichen Herstellungsstandorten eine schnelle und regionale Versorgung mit patientenindividuellen Zytostatika deutschlandweit realisieren können“, so Geschäftsführer Enno Scheel. „Unser Vorteil ist die hohe GMP-konforme Herstellungsqualität gepaart mit regionalen Herstellungskapazitäten, mit denen wir die Apotheken mit den notwendigen Zytostatika für ihre Patienten sicher, schnell und mit hoher Qualität versorgen können.“
Für die Branche kommt der Deal von GHD mit dem Konkurrenten aus Hamburg überraschend. Gleichzeitig sehen Beobachter auch, dass Zytoservice die bisherige Strategie der zentralen Herstellung korrigiert. „Das wird für den Markt gravierende Auswirkungen haben“, sagt ein Branchenkenner, auch mit Verweis auf die zunehmende Zahl der Open-house-Ausschreibungen der Kassen. Insbesondere die Zyto-Apotheken vor Ort könnten in Bedrängnis kommen, aber auch Anbieter wie Medipolis und Omnicare. Das Kartellamt muss noch zustimmen.
Warum GHD zuvor den einzelnen Standort in der Hauptstadt abgab, ist nicht bekannt. Auch was Medios damit will, ist unklar: Das Unternehmen baut gerade ein neues Werk. Firmenchef Manfred Schneider hatte außerdem vor Kurzem im Rahmen einer strategische Allianz 5 Prozent der Anteile an den aus der Hamburger Cranach-Apotheke von Martin Hesse hervorgegangenen Spezialgroßhändler Cranach Pharma abgegeben.
Sowohl hinter GHD als auch hinter Zytoservice stehen Finanzinvestoren. Die Ahrensburger Unternehmensgruppe gehört seit 2014 zu Nordic Capital. Zytoservice wurde 2016 von IK Investment Partners übernommen – der Risikokapitalgeber war zuvor an GHD beteiligt. Mit einem Umsatz von 180 Millionen Euro im Jahr 2015 liegt Zytoservice vor GHD mit 120 Millionen Euro und Medios Manufaktur mit 35 Millionen Euro.
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