Schwangere gelten als besondere Patientengruppe, wenn es um Covid-19 geht. Neue Virusvarianten sorgen daher für Besorgnis. Dennoch wird die Impfung gegen Sars-CoV-2 von der Ständigen Impfkommission (Stiko) bislang nicht für alle schwangeren Frauen empfohlen. Verschiedene Studien zeigen jedoch, dass sie vor einer schweren Infektion mit der Delta-Variante schützen können – und, dass die Impfung von Schwangeren gut vertragen wird.
Bislang herrscht Zurückhaltung bei der Impfung von Schwangeren. Zunächst wurden sie nur in Ausnahmefällen geimpft – nämlich nur dann, wenn Vorerkrankungen mit einem daraus resultierenden hohen Risiko für eine schwere Covid-19-Erkrankung vorliegen. Im Mai weitete die Stiko ihre Empfehlung aus: Seitdem sollen auch Schwangere mit „einem erhöhten Expositionsrisiko aufgrund ihrer Lebensumstände“ die Impfung erhalten. Eine generelle Empfehlung gibt es von Seiten der Stiko jedoch nach wie vor nicht.
Ohne Impfschutz sorgen sich viele Schwangere vor einer Ansteckung – grade mit der aktuell vorherrschenden Delta-Variante, die als besonders riskant gilt und für viele schwere Verläufe verantwortlich ist. Denn eine Infektion mit Sars-CoV-2 kann verschiedene Risiken für Mutter und Kind mit sich bringen wie Frühgeburten oder eine Präeklampsie.
Eine Studie aus England hat kürzlich indirekt den Nutzen der Schutzimpfung für Schwangere herausgestellt: Dort steigt der Anteil ungeimpfter Schwangerer, die wegen einer Infektion mit der Delta-Variante hospitalisiert werden müssen. Für die Untersuchung wurden die Daten von knapp 3400 Schwangeren aus Großbritannien analysiert, die mit einer bestätigten Covid-Infektion von Beginn der Pandemie bis Mitte Juli stationär aufgenommen wurden. Der Großteil von ihnen war ungeimpft.
Es zeigt sich, dass Virusvarianten wie Alpha und Delta vermehrt zu problematischen Schwangerschaften geführt haben. Die Frauen erkrankten insgesamt schwerer: Während der ersten Welle erkrankten nur 24 Prozent der Frauen mittelschwer oder schwer. Die Alpha-Variante sorgte bei 36 Prozent für derart schwere Verläufe, bei Delta waren es sogar 45 Prozent. Viele entwickelten eine Lungenentzündung – Schwangere mussten vermehrt intensivmedizinisch behandelt oder sogar beatmet werden.
Eine positive Nachricht gibt es dennoch: Die Rate der Totgeburten veränderte sich während der kursierenden Alpha- und Delta-Varianten nicht. Die meisten hospitalisierten Frauen brachten ihre Babys lebend zur Welt. Dennoch wurde eins von fünf Babys zur neonatalen Versorgung eingewiesen: Während der Alpha-Variante und auch bei Delta war das Risiko besonders hoch.
In anderen Ländern wird die Covid-Impfung bereits für Schwangere empfohlen. Die US-Gesundheitsbehörde CDC beispielsweise empfiehlt allen schwangeren und stillenden Frauen, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Das gelte auch für Frauen, die demnächst schwanger werden wollen, teilte die Behörde kürzlich mit. Es zeigt sich zudem, dass Schwangere die Impfung gut vertragen.
Eine großangelegte, prospektive Kohortenstudie der University of Washington in Seattle mit mehr als 17.000 Frauen, die kürzlich im Fachjournal „JAMA Network Open“ veröffentlicht wurde, belegt die gute Verträglichkeit. Bis Mitte März hatten sich mehr als 17.500 Frauen, die mindestens die Erstdosis erhalten hatten, in die Studie eingeschrieben. Fast 8.000 waren zum Zeitpunkt der ersten Impfung schwanger, etwa 7.000 befanden sich in der Stillzeit und 2.900 gaben an, mitten in der Familienplanung zu stecken. Der Großteil der Frauen erhielt die mRNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer oder Moderna. Mehr als 80 Prozent erhielten auch die Zweitdosis.
Vertragen wurde die Impfung insgesamt gut: 97 Prozent klagten über Schmerzen an der Injektionsstelle, rund ein Drittel klagte zudem über Müdigkeit nach der Erstimpfung. Die zweite Dosis sorgte im Allgemeinen für deutlich mehr Reaktionen. Die Wahrscheinlichkeit bestimmter Reaktionen war bei Schwangeren – im Vergleich zu Frauen, die weder schwanger waren noch stillten – statistisch signifikant verringert. Die Wahrscheinlichkeit von Fieber war beispielsweise fast 60 Prozent geringer.
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