Schwangerschaft 35 + APOTHEKE ADHOC, 18.03.2020 15:04 Uhr
Frauen, die mit 35 Jahren oder älter schwanger werden, erhalten ein Kreuz beim Feld „Risikoschwangerschaft“ im Mutterpass. Diese Angabe verunsichert viele Frauen – das Kreuz sollte jedoch nicht überbewertet werden und gilt in den meisten Fällen nur als Hinweis für den behandelnden Arzt. Frauen müssen, entgegen vieler Gerüchte, keine zusätzlichen Untersuchungen vornehmen. Die Statistik zeigt: Immer mehr Frauen werden erst ab 35 schwanger und gebären gesunde Kinder.
Trotz Kreuz im Mutterpass: Werdende Mütter ab 35 Jahren sollten sich von der Markierung „Risikoschwangerschaft“ nicht verunsichern lassen. Das Kreuz dient zunächst als Hinweis für den Frauenarzt, dass bestimmte Werte und Befunde genauer beobachtet werden sollten. Unabhängig vom Alter: Frauen, die einen gesunden Lebensstil pflegen, legen damit den Grundstein für ihre Schwangerschaft und die Möglichkeit für einen komplikationsfreien Schwangerschaftsverlauf. Es gibt keine verpflichtenden zusätzlichen Untersuchungen für Schwangere ab 35 Jahren.
Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen beim Gynäkologen können Risiken für Mutter und Kind minimieren: gesundheitliche Probleme und Erkrankungen werden rechtzeitig erkannt und zügig behandelt. Bei Schwangerschaften ab 35 ist es möglich, dass Komplikationen häufiger auftreten als in jüngeren Jahren: Statistisch gesehen ist das Risiko für genetische Defekte des Ungeborenen bei Frauen, die mit 35 Jahren oder älter zum ersten Mal schwanger sind, leicht erhöht. Komplikationen wie Schwangerschaftsdiabetes, schwangerschaftsbedingter Bluthochdruck, Eiweißausscheidung im Urin und Funktionsstörungen des Mutterkuchens mit Unterversorgung des Fötus können häufiger vorkommen.
Frauen, die in ihren Mittdreißigern schwanger werden, denken häufiger über das Thema Pränataldiagnostik nach. Das Fruchtwasser gibt Aufschluss über mögliche genetische oder biochemische Schäden beim Fötus. Eine Untersuchung des Fruchtwassers wird beim Gynäkologen angeboten und ist ab der 16. Schwangerschaftswoche möglich. Medizinisch heißt diese Untersuchung Amniozentese. Auch chromosomale Besonderheiten, wie verschiedene Trisomieformen, können mit nahezu 100-prozentiger Sicherheit diagnostiziert werden. Dennoch sollten bei einer Fruchtwasseruntersuchung auch die Anwendungsrisiken wie Verlust von Fruchtwasser, Verletzungen der Gebärmutter oder des Mutterkuchens sowie Blutungen, Infektionen oder eine Verletzung des ungeborenen Kindes stets bedacht werden. Bei Frauen über 35 werden die Kosten für eine solche Untersuchung komplett von der Krankenkasse getragen.
Neben der Fruchtwasseruntersuchung gibt es die Chorionzottenbiopsie. Der Begriff bezeichnet eine Punktion des Mutterkuchens. Die Plazenta kann mittels Stift durch die Bauchdecke oder über den Muttermund punktiert werden. Die entnommene Menge ist gering, während der Biopsie werden ungefähr 30 mg Zotten entfernt. Die Ergebnisse einer Direktpräparation liegen schnell vor – bereits nach ein bis zwei Tagen kann eine zuverlässige Diagnose über bestimmte Erbkrankheiten und Chromosomenbesonderheiten gestellt werden. Eine Besonderheit bei der Chorionzottenbiopsie: Durch die Punktion kann mütterliches Gewebe verletzt werden – ein Blutaustausch zwischen Mutter und Kind ist möglich. Bei Rhesusfaktor-Inkompatibilitäten kann es zu Komplikationen kommen.
Eine risikoärmere Untersuchungsmethode für Mutter und Kind sind nicht-invasive Pränatal- Tests (NIPT). Hierfür ist lediglich eine Blutprobe der Mutter nœtig: Das Blut der Schwangeren enthält neben ihren eigenen Erbinformationen auch einen geringen Anteil der kindlichen DNA, welche aus den Zellen der Plazenta stammen. Anhand der DNA-„Spuren“ lassen sich Wahrscheinlichkeiten für beispielsweise Trisomie 21 (Down-Syndrom), Trisomie 18 (Edwards-Syndrom) oder Trisomie 13 (Pätau-Syndrom) erläutern. Einige Tests können zusätzlich Auskunft über Geschlechts-Chromosomen geben, also Wahrscheinlichkeiten für das Klinefelter-, Turner-Syndrom sowie das Triple-X- oder das XYY-Syndrom anzeigen.
Ein sehr hoher Prozentsatz der Schwangerschaften ab 35 verläuft ohne Störungen. Bei auftretenden Komplikationen sind diese nur selten auf das Alter der Mutter zurückzuführen. Entscheidender ist der allgemeine Gesundheitszustand sowie die generelle Lebenslage. Nach Erfahrungsberichten von Hebammen können viele Mittdreißigerinnen in der Regel besser mit einer Schwangerschaft umgehen als manch werdende Mutter in den Zwanzigern. Sie besitzen oftmals eine bessere Resistenz bei Stress oder Schmerzen. Aber auch die finanzielle Lage ist für Frauen ab 30 oftmals gefestigt: sie stehen mit beiden Beinen fest im Berufsleben, sind finanziell eigenständig und können ein Kind ohne größere Einschränkungen ernähren und großziehen. Die Entscheidung, ein Kind zu bekommen, ist bei Frauen ab 35 meist durchdachter.