Bonus für Cannabis-Rezepte

Urteil: Plattformen dürfen sich ruinieren

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Berlin -

Wie weit dürfen Plattformen gehen, um Patientinnen und Patienten auf sich aufmerksam zu machen? Das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) hat im Bereich der Telemedizin die Tür weit aufgestoßen: Ein Rabatt von 20 Prozent auf die Verordnung von medizinischem Cannabis ist laut einer Entscheidung im Eilverfahren nicht zu beanstanden – solange die beteiligten Ärztinnen und Ärzte vollständig auf Basis der Gebührenordnung (GOÄ) honoriert werden. Denn den Betreibern einer solchen Plattform stehe es frei, sich selbst zu ruinieren.

Im Verfahren geht es um die Plattform von Algea Care, auf der ärztliche Behandlungsleistungen im Zusammenhang mit medizinischem Cannabis angeboten – sprich: Rezepte ausgestellt – werden. „Buche jetzt deine Termine und spare 20 Prozent“, bewarb die Bloomwell-Tochter ihr Angebot – und übernahm einen entsprechenden Anteil der Kosten, die den Kundinnen und Kunden nach GOÄ in Rechnung gestellt wurden.

Die Wettbewerbszentrale mahnte Algea ab und erwirkte vor dem Landgericht (LG) eine einstweilige Verfügung. Doch diese hob das OLG jetzt auf.

Die pauschale Rabattgewährung auf ärztliche Behandlungskosten sei zwar gesetzlich verboten und damit wettbewerbswidrig, führte das OLG aus. Mit den Vorschriften der GOÄ solle einem „ruinösen Preiswettbewerb der Ärzte im Interesse eines funktionierenden Gesundheitswesens“ entgegen gewirkt werden. Jede Pauschalierung der ärztlichen Vergütung vor der Kontaktaufnahme mit dem Patienten sei deshalb untersagt.

Vorschrift betrifft nur Ärzte

Adressaten der GOÄ seien jedoch ausschließlich Ärzte als Vertragspartner der Patienten aus dem Behandlungsvertrag – und nicht eine eventuell vermittelnde Plattform. Algea habe eidesstattlich versichert, dass der Arzt entsprechend den Regelungen der GOÄ, also ohne Rabatt, bezahlt und der den Patienten eingeräumte Rabatt selbst getragen werde.

„Entscheidend ist nur, dass der jeweilige Kooperationsarzt den von ihm nach der GOÄ korrekt in Rechnung gestellten Betrag vollständig erhält und folglich nicht selbst gegen die Vergütungsregelungen verstößt“, so das OLG. Da nur Ärzte der GOÄ unterlägen, könne Algea unter keinen Umständen einen Verstoß gegen die Regelungen der GOÄ begehen. Dafür fehle schon die nötige „Täterqualifikation“.

Nur wenn ein Dritter vorsätzlich gegen die Vorschriften verstieße, könne die Plattform an einer solchen vorsätzlichen Haupttat vorsätzlich teilnehmen. „Da aber die Kooperationsärzte der Antragsgegnerin ordnungsgemäß nach der GOÄ abrechnen, fehlt es an einer vorsätzlich begangenen Haupttat, so dass auch eine Haftung der Antragsgegnerin als Teilnehmerin ausscheidet“, so das OLG.

Ruinöser Preiswettbewerb

Auch der Zweck der GOÄ, das Abrechnungsverhalten der Ärzte so zu regulieren, dass ruinöser Preiswettbewerb zwischen den Ärzten verhindert werde, gebiete hier nicht eine entsprechende Anwendung: „Selbst wenn es sich bei der angegriffenen Rabattaktion nicht um eine bloß vorübergehende Marketingmaßnahme handeln sollte, ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung durch qualifizierte Ärzte in Gefahr geraten werden könnte, falls sich Unternehmen wie die Antragsgegnerin einem ruinösen Preiswettbewerb ausgesetzt sähen.“

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